Das Maskenliebhaber-Zepter und die Brunnen-Idee auf dem Luzerner Kornmarkt. (Visualisierung: PD/Adriaan Westenbrink)

Deplaziert

In Luzern passiert Wunderliches. Eine städtische Bruderschaft will sich zum 200-Jahr-Jubiläum ein sechs Meter hohes Denkmal setzen. Der Stadtarchitekt findet das «eine gute Sache». Doch die Stadt verwarf dieselbe Idee bereits zweimal.


In Luzern passiert Wunderliches. Eine städtische Bruderschaft will sich zum 200-Jahr-Jubiläum ein sechs Meter hohes Denkmal setzen. Der Stadtarchitekt findet das «eine gute Sache». Pikant: Die Stadt verwarf dieselbe Idee bereits zweimal.

Die Maskenliebhaber-Gesellschaft ist eine Bruderschaft, 1819 in der Stadt Luzern gegründet. Ihr Zweck: Pflege der Freundschaft, Vertreten von liberalem Gedankengut, Förderung des Maskenwesens und Unterstützung der Luzerner Fasnacht. Nächstes Jahr nun feiern die Brüder Geburtstag und haben sich dafür etwas Spezielles ausgedacht. Sie wollen der Stadt Luzern einen Brunnen schenken, sechs Meter hoch, 75 Zentimeter breit und ein Abbild des Zepters ihres Präsidenten.

Was grotesk klingt, ist bereits konkret: Das Baugespann auf dem Kornmarkt, ein zentraler Platz in der Luzerner Altstadt, ragt mächtig in die Höhe. Direkt dahinter das denkmalgeschützte Rathaus. Das entsprechende Baugesuch liegt bis 2. Mai auf, wenn niemand einspricht, wird als bald gebaut. Damit der Brunnen zum Jubiläum stehe. Als «Geschenk an die Stadt». Der ausführende Architekt Adriaan Westenbrink – selbst Mitglied der Maskenliebhaber – hat den Brunnen nach den Plänen des verstorbenen Künstlers Charles Gerig überarbeitet und den Standort auf dem Kornmarkt evaluiert.

Für gut befunden hat das Projekt der Luzerner Stadtarchitekt Jürg Rehsteiner, in Absprache mit dem Tiefbauamt, der städtischen Denkmalpflege und der Abteilung Stadtraum und Veranstaltung: «Wir sind seit zwei Jahren in gutem Austausch mit den Maskenliebhabern.» Das neue Objekt soll einen bestehenden Brunnen von 1905 ersetzen, der seit 1978 dort steht. «Eine gute Sache», meint Jürg Rehsteiner. Der Brunnen ist in die Jahre gekommen und muss saniert werden, wie viele andere solche in der Stadt – aktuell sanieren die Luzerner für rund zwei Millionen Franken diverse Wasserspiele.

Alte Idee in neuen Schläuchen

Nun ist die Idee der Maskenliebhaber nicht neu. Der Künstler des Zepters versuchte bereits 1993, sein Werk zu platzieren: Als fünf Meter hohen Turm, damals noch ohne Wasser. Der einstige Stadtarchitekt Manuel Pauli besichtigte mit dem Bildhauer mögliche Standorte und beurteilte kritisch. In einem Artikel der LNN vom 9. Februar 1993 meint er vorsichtig: «Zuerst soll die Frage in der Kunstkommission besprochen werden, bevor der Stadtrat entscheidet.» Aus der Idee wurde nichts. 1998 wiederholte sich die gleiche Geschichte noch einmal. Heute scheinen die Zeichen anders zu stehen: Das Geschenk scheint gelegen zu kommen – anstatt für teures Geld den bestehenden zu sanieren, gleich ein neuer Brunnen – tönt gut für die Kasse, nicht aber für das Stadtbild. 

 

Das Projekt ist aus drei Gründen verkehrt. Zwar setzten sich bereits Anfang des 20. Jahrhunderts Zünfte mit Brunnen in der Luzerner Altstadt ein Zeichen. Heute, hundert Jahre später, befremdet es, wenn sich eine einzelne Vereinigung auf öffentlichem Raum ein derart massives Denkmal setzen soll. Zweitens lebt der Luzerner Kornmarkt diese Tage von temporären Installationen: einer grossen Krippe in der Adventszeit, Kunst-Interventionen während des Comic-Festivals Fumetto und natürlich dem Guugerbaum der vereinigten Guugenmusiken während der Fasnacht. Ein statisches Objekt dieser Dimension dominiert den Kornmarkt und damit den Reiz solch spontaner Aktionen. Und schliesslich mag die Maskenskulptur als handliches Zepter zwar gerade noch so funktionieren – als sechs Meter hohe Stele auf dem malerischen Altstadtplatz wirkt sie deplatziert und brachial.  

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Kommentare

hansfischerliu 20.04.2018 21:27
.............hoffentlich sind jetzt die Maskenliebhaber aufgefordert ihre Masken abzuziehen(insbesondere die beteiligten Architekten-Mitglieder)..........hansfischerliu
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