Achtung Notbremse

Eine Notbremse am Zug, der schon hält. Warum Ständerat Stefan Engler gegen die Zersiedelungsinitiative ist.

Während der Fahrt die Notbremse zu ziehen, ist im Zug nur im Falle der Gefahr für die Sicherheit des Zugs, der Reisenden oder anderer Personen erlaubt. Mit gutem Grund, die sofort wirkende Schnellbremsung kann, wenn sie im falschen Moment gezogen wird, viel Schaden anrichten. Aussen fliegen die Funken und innen die Fahrgäste. Mir kommt es so vor, als hätten die jungen Grünen mit ihrer Initiative gerade die Notbremse gezogen, dabei aber übersehen, dass der Zug bereits zuvor zum Stillstand gekommen ist. Natur und Landschaft schützen zu wollen sind ohne wenn und aber achtbare Motive. Wer sich ein Bild machen will, wie gut sich Mensch und Landschaft auch vertragen können, fährt am besten mit der Rhätischen Bahn durch das Albulatal, wo sich Landschaft, Eisenbahn und Ingenieurkunst wie verschmolzen haben. Es ist die Radikalität der Initiative, die keine Rücksicht nimmt auf Gemeinde- und Kantonsgrenzen, auch nicht zwischen ländlichem, bergigem und städtischem Gebiet und schon gar nicht auf überlieferte Lebensgewohnheiten und -formen, die mich erschreckt. Wenn «Formen des Wohnens und Arbeitens in kleinräumigen Strukturen mit ... und kurzen Verkehrswegen» heissen soll: du sollst gefälligst dort leben, wo du Arbeit hast, wünscht sich die Initiative ein zweigeteiltes Land und wer nicht das Glück hat, dort arbeiten zu können wo er und sie wohnt, dem droht das Kofferpacken. Will die Initiative mir etwa vorschreiben wo und ja nicht in einem Einfamilienhaus wie ich zu wohnen habe? Ich vertraue deshalb mehr auf die lokalen Initiativen, wie beispielhaft am Wohnort von Köbi Gantenbein in Fläsch vorausgenommen, als auf das Zwangskorsett der Zersiedelungsinitiative. Kommt dazu – Gemeinden und Kantone sind daran, die noch junge auch von der Bevölkerung beschlossene Reduktion von Bauzonen umzusetzen. Auch wenn Köbi Gantenbein sagt, das sei zu wenig – er hat unrecht, es ist beschlossen und es wird viel bringen. Jetzt mit den neuen Vorgaben der Zersiedelungsinitiativen noch eins darauf setzen zu wollen, schränkt die Interessenabwägung im Einzelfall ein, steigert noch die Politik-Verdrossenheit und leistet Rechtsunsicherheit und rechtsungleicher Behandlung Vorschub. Deshalb warne ich davor, jetzt die Notbremse zu ziehen.

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Kommentare

Hermann Huber 30.01.2019 00:17
Kurz und zusammenfassend: All die Argumente, welche die Gegner ins Feld führen, zeigen deutlich, wie dringend ein Ja zur Zersiedelungsinitiative ist! Hermann Huber Urdorf
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