Warum Biodiversität wichtig ist

Sieben Punkte, warum Biodiversität wichtig ist – für die planende Branche, für die Gesellschaft und überhaupt. Das Resultat eines Gesprächs, aufbauend auf dem BSLA-Standpunkt Biodiversität.

Fotos: Alois Iten
In Zusammenarbeit mit BSLA

Sieben Punkte, warum Biodiversität wichtig ist – für die planende Branche, für die Gesellschaft und überhaupt. Das Resultat eines Gesprächs, aufbauend auf dem BSLA-Standpunkt Biodiversität.

2019 erschien der ‹BSLA-Standpunkt Biodiversität›. Was hat sich seither geändert, und was ist immer noch gleich wichtig? Im Mai 2024 trafen sich die Umweltnaturwissenschaftlerin Ursula Bollens (Planikum), die Landschaftsarchitektin Friederike Meinhardt (Co-Präsidentin BSLA) und der Landschaftsarchitekt Matthias Krebs (Krebs und Herde) zum Gespräch. Das Destillat dieser Runde: sieben Punkte, warum Biodiversität wichtig ist – für die planende Branche, für die Gesellschaft und überhaupt. Ist der Erhalt der Biodiversität durch die Initiative in der Verfassung verankert, erleichtert das die Umsetzung der sieben Punkte.

1 Biodiversität braucht Platz
Viel wird gebaut oder auf dem Feld angebaut, dabei schwindet der Raum für spontane Naturentwicklung. Nicht nur im Siedlungsgebiet, sondern auch ausserhalb davon. Wird über Bauvorhaben entschieden, muss dem Rechnung getragen werden, sonst geht es der eigenen Lebensgrundlage an den Kragen. Das heisst: Ersatzpflicht, Geld aus dem Mehrwertausgleich fürs Grün und in komplexen Güterabwägungen eine Stimme für die Biodiversität.

2 Leistung kostet, muss aber nicht teuer sein
Die Natur tut viel für uns: frische Luft, sauberes Wasser, erquickende Kühlung. Das gibt es nicht zum Nulltarif, es braucht dafür Platz und Zuwendung, sowohl im Siedlungs- wie auch im Agrargebiet. Extensivierung muss aber nicht teuer sein. Sie bietet Spielraum für Einsparung durch reduzierte Pflege, widerstandsfähige Vegetation und besseres Wassermanagement. Und: Noch grössere Kosten entstehen, wenn wir der Natur keinen Platz lassen.

3 Biodiversität ist Baukultur
Ödnis ohne Natur ist keine Baukultur. Natürliche Prozesse gehören in die Gestaltung. Landschaftsarchitektinnen und Landschaftsarchitekten sind Anwältinnen und Anwälte der Biodiversität. Biodiversität ist nicht an bestimmte Bilder gebunden, sondern sie ist funktional und gehört zum Bauen. Es braucht also keine Biodiversitätsmöblierung, sondern eine selbstverständliche Integration in das Projekt als gestalterischer Akt.

4 Übertreiben erwünscht
Kleinteilige und abwechslungsreiche Strukturen erfreuen nicht nur das Auge, sondern auch die Natur. Schaffen und erhalten wir sie, wo es sie schon gibt! Es braucht Schatten und Sonne, grosse und kleine, nasse und trockene Flächen, viel Boden und wenig Unterkellerung von Freiflächen. Alte und neue Pflanzenarten haben in Zeiten der Klimakrise beide ihren Platz. Biologische Vielfalt ist robuster als Eintönigkeit, etwa bei Schädlingsbefall.

5 Mut zur Fuge
Es muss nicht immer alles perfekt aneinander angeschlossen sein. Ritzen, Fugen und Leerstellen machen den Unterschied und brauchen nicht viel Platz. Für eine kleine Nische der biologischen Vielfalt ist auch bei komplexen Anforderungen – etwa Feuerwehrzufahrten oder Barrierefreiheit – immer Platz. Schlingpflanzen finden ihre Nischen, Eidechsen ihren Weg.

6 Abwarten hilft
Radikales Aushalten ist gefragt! Biodiversität ist nichts Festes. Fertig gebaut ist nicht fertig, die Natur braucht Zeit zum Wachsen und um sich Orte anzueignen. Dieses Bewusstsein gilt es zu stärken. Dazu gehört auch, alte Bäume stehen zu lassen und auch einmal bewusst etwas nicht zu tun.

7 Biodiversität braucht Praxis
Ist das Grün einmal da und kreucht und fleucht es, ist dem Sorge zu tragen. Wer für den Unterhalt von Grünanlagen sorgt, sollte Bescheid wissen über Pflanzen und ökologische Zusammenhänge. Das heisst: auch einmal weniger machen oder erst mähen, wenn die Wiese verblüht ist.

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