«Die Schweizer Städte werden subtropisch sein»

Ein Architekturprofessor und eine Architekturjournalistin spüren in Wil SG mikroklimatischen Situationen im Stadtgefüge nach und sprechen darüber, was wir von Mailand oder Kairo lernen können.

Fotos: Claudio Bäggli

Ein Architekturprofessor und eine Architekturjournalistin spüren in Wil SG mikroklimatischen Situationen im Stadtgefüge nach und sprechen darüber, was wir von Mailand oder Kairo lernen können.

Es ist Ende Oktober, und ein frostiger Wind kriecht in den Jackenkragen. Wir treffen uns in der Wiler Bahnhofsunterführung. Leuchtelemente rücken die Einkaufspassage in ein kaltes Licht, das an den letzten Zahnarztbesuch erinnert. An Hitzetagen ist die unterirdische Frische vermutlich verlockend. Die Bahnhofspassage ist der Ausgangspunkt für den Stadtspaziergang, den Sascha Roesler und ich vor uns haben. An seiner Professur an der Accademia di Architettura in Mendrisio untersucht der Architekturtheoretiker die Zusammenhänge zwischen Städtebau, Mikroklima und thermischem Komfort. Seine zwei neuen Bücher – ‹City, Climate, and Architecture› und ‹Coping with Urban Climates› – bieten eine Ideengeschichte und zeitgenössische Fallstudien dazu, wie Architekten, Planerinnen und die Bevölkerung mit den klimatischen Bedingungen in Städten auf der ganzen Welt umgehen. ###Media_2### Die Stadt sei als Landschaft aus Mikroklimata zu begreifen und zu gestalten, sagt Sascha Roesler. Als Mittel, um diesen Mikroklimata in Aussen- und Innenräumen auf die Spur zu kommen, praktiziert Roesler den ‹Microclimatic Walk›. Dabei imitiert er eine Stadtbewohnerin, die im Tagesverlauf verschiedene Bereiche der Stadt aufsucht. «Je extremer die klimatischen Bedingungen werden, desto stärker überlegen wir uns, wo wir uns wann aufhalten», sagt Roesler. Die mikroklimatische Landschaft einer Stadt sollte dafür möglichst viele unterschiedliche Optionen bieten. Also machen wir die Probe aufs Exempel in der sanktgallischen Kleinstadt Wil. Die Atmosphäre in der Wiler Bahnhofsunterführung widerstrebt mir ziemlich. Welche Rolle spielen solche Infrastrukturen in der städtischen Klimalandschaft? Sascha Roesler: Passagen und Unterführungen sind klimatisch gesehen Übergangsorte, die oft einen beschleunigten Windzug aufweisen. An heissen Sommertagen kann das angenehm sein. Wegen des Klimawandels...

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