Der Waldläufer im Totholz

Die Schweiz braucht mehr Wildnis. Die Fotografien von Tres Camenzind über den Wald zeigen, warum. Ein Besuch im ‹Bsinti›, der Kulturbar von Braunwald.

 

Fotos: Tres Camenzind

Die Schweiz braucht mehr Wildnis. Die Fotografien von Tres Camenzind über den Wald zeigen, warum. Ein Besuch im ‹Bsinti›, der Kulturbar von Braunwald.

 

Tres Camenzinds Fotografien zeigen nicht die populäre Schönheit des Waldes, wie sie der Maler Caspar David Friedrich vor 200 Jahren begründet hat, wie wir sie kennen aus den Märchenbüchern und wie sie Tausende Instagram-Postkarten herstellen. Verzittert, überblendet, verfremdet hängen Waldmomente an den Wänden der Kulturbar ‹Bsinti› in Braunwald. Im kleinen Kaffee- und Kunsthaus hat Camenzind die Stimmung des Waldläufers abgebildet, die knisternde Entfremdung, die jeder erlebt, wenn er aus seiner gewohnten Stadtlandschaft in den Wald tritt, wo die Wege aufhören und die Orientierung verloren geht, ausser man kann Sonne, Wolken und Tierspuren lesen. Der Fotograf weckt Bilder in unseren Köpfen. Dafür steht er mit seinem Apparat auf einem Punkt vor dem Wald oder im Unterholz. Er schüttelt und rüttelt die Bäume und Büsche mit den optischen Techniken und später mit den Werkzeugen des Computers. Er geht von seiner eigenen sinnlichen Erfahrung aus und verlässt sich auf Ahnungen, Mythen und Ängste – der erschütternde Wald. Kein anderer Raum hat die Kunst so bereichert wie der Wald. Die Griechen fürchteten ihn als Grenzraum zum ewigen Nichts ebenso wie sie ihn als Vorraum von Arkadien sahen. Er wird schon die vorschriftlichen Kulturen beeindruckt haben, so wie er bis heute die Köpfe und Seelen der Maler und Dichterinnen beschäftigt. Der Fotograf Giorgio von Arb hat die Arbeit von Tres Camenzind so psalmodiert: «Das schillernde Licht, vom grünen Himmelsdach in den kühlenden Schatten des Waldes geworfen, blendet uns. Es wird dem Wald zum Schmuck, zum Fest, gibt sich wie Lametta allem hin, funkelnd, glitzernd und versöhnlich. Es streift warm die Stämme, versetzt Zweige mit dem Spiel der Lüfte in kaleidoskopische Unruhe. Die unendliche Vielfalt der Flächen eines Waldes wird dem Licht, dem Tau, dem Regen, dem Frost, dem Schnee, den fliegenden Sämlingen zum Gefäss,...

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