In der bröckelnden Kulisse eines leerstehenden Fabrikareals spürt die Klöntal Triennale der Industriegeschichte nach und verknüpft sie mit aktuellen Themen wie Ressourcennutzung, Arbeit oder Transformation.
«Alles fliesst», wussten schon die Vorsokratiker. Das ist auch über zwei Jahrtausende später noch so. Allerdings hat sich die Perspektive geändert: Während die Lehre Heraklits (520 – 460 v. Chr.) die Einheit aller Dinge bekräftigte, steht das Fliessende in unserer Zeit für das Auseinanderbrechen fester Strukturen. Wie der Soziologe Zygmunt Baumann in seinem Buch «Liquid Modernity» (flüchtige Moderne) darlegte, verheisst dieser schwer greifbare Zustand moderner Gesellschaften nichts Gutes. Denn zunehmend zeigen sich die Schattenseiten von Industrialisierung und Kapitalismus.
Den Fragen, die mit diesen Umwälzungen einhergehen, kann Kunst sehr direkt begegnen. Bestes Beispiel dafür ist die dritte Klöntal Triennale, die dieses Jahr im Legler Areal in Diesbach, Glarus Süd stattfindet. Die Kuratorinnen Séverine Fromaigeat und Sabine Rusterholz Petko haben 16 Künstlerinnen und Kollektive eingeladen, dieses Fliessende in Kunstwerken festzuhalten – wenn auch nur für die Dauer eines Monats. Dabei suggeriert schon der Titel der Triennale «In a State of Flow», dass es im weitesten Sinne um Veränderung gehen soll. Gleichzeitig stehen auch Themen wie Wasser und Energie im Fokus, die bei der Entwicklung der Textilindustrie in der Schweiz eine zentrale Rolle spielten. Im Legler Areal, dessen Ursprünge auf das Jahr 1857 zurückgehen, wurden bis vor rund zwanzig Jahren noch Textilien produziert.
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Doch der Niedergang der zunächst aufblühenden Textilindustrie im Glarnerland setzte schon viel früher ein. Die Firma Legler konnte sich dank verschiedener Weichenstellungen lange halten und steht paradigmatisch für das Glarner Wirtschaftswunder – dies in einer Gegend, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts von Armut und Abwanderung gekennzeichnet war.
Heute hat der Kanton mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Der denkmalgeschützte Gebäudekomplex steht leer ...
Stoff für unsichtbare Textilgeschichte(n)
In der bröckelnden Kulisse eines leerstehenden Fabrikareals spürt die Klöntal Triennale der Industriegeschichte nach und verknüpft sie mit aktuellen Themen wie Ressourcennutzung, Arbeit oder Transformation.
05.09.2024 15:30