Spinnerei um eine Brücke

Zwei Aargauer Gemeinden planen, eine historische Brücke zu ersetzen – und stossen auf Widerstand. Denn das Projekt fusst auf zweifelhaften Grundlagen. Ein Protokoll.

Fotos: Florian Kalotay

Zwei Aargauer Gemeinden planen, eine historische Brücke zu ersetzen – und stossen auf Widerstand. Denn das Projekt fusst auf zweifelhaften Grundlagen. Ein Protokoll.

Die Szene gleicht einem vergnüglichen Quartieranlass: Rund 70 Personen haben sich am 2. November 2024 im ‹Kunzwerk› in Unterwindisch eingefunden. Man kennt einander und unterhält sich, an der improvisierten Bar schenken Freiwillige Wein gegen Kollekte aus. Es ist Aargauer Industriekulturnacht; die ‹IG Kulturerbe alte Spinnerei› hat zum Vortragsabend über die Spinnereibrücke geladen. Im 20. Jahrhundert, als die Baumwollspinnerei Kunz in der Reusschlaufe brummte, verband die schlichte Stampfbetonbrücke aus dem Jahr 1916 die Produktionsanlagen in Windisch mit den Kosthäusern in Gebenstorf. Um die Jahrtausendwende wurde der Betrieb eingestellt, Loftbewohnerinnen zogen ein. Die beiden Gemeinden erstanden die Brücke zum Schnäppchenpreis von je 15 000 Franken und haben seither wenig in ihre Instandhaltung investiert. ###Media_2### Heute fristet sie als Fuss- und Veloverbindung ein unauffälliges Dasein; zu Spitzenzeiten wird sie von knapp einer Person pro Minute überquert. Vom rissigen Spritzputz sind grosse Teile irgendwann davongeschwommen, und seit 2019 verstärken Stahlprofile einen der beiden Flusspfeiler. Bei starkem Hochwasser bestehe Einsturzgefahr, warnen die Gemeinden. Ein Glück also, dass die Spinnereibrücke bald ersetzt wird, könnte man denken. 2020 lobten die Gemeinden einen entsprechenden Projektwettbewerb aus. Als expressiv gewellte Stahlbrücke überspannt das Siegerprojekt ‹Kanagawa› die Reuss pfeilerfrei. Vier anstelle der heute knapp drei Meter Fahrbahnbreite erleichtern das Kreuzen. ###Media_3### Im Oktober lag das Baugesuch für das 4,8 Millionen Franken teure Projekt auf. Doch seither ist alles infrage gestellt: Pünktlich zum Ablauf der Auflagefrist reichten neun Anwohnerinnen und Anwohner, vertreten durch Rechtsanwalt und Heimatschutzpräsident Martin Killias, ein 200-seitiges Einwendungsdossier ein. Die Argumentation stützt sich auf...

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