Kirche, Klang und Gesang
An der Vernissage von «Bilderschatz und Sterngewölbe» hat Köbi Gantenbein gelesen und wieder einmal gesungen. Rund 90 Bücher- und Wanderfreunde sind dafür in die Kirche von Lavin gepilgert.
2022 hat Köbi Gantenbein als Verleger und Mehrheitsaktionär den Stab an Hochparterres Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übergeben. Zum Abschied haben sie ihm ein Buch geschenkt. 2023 hat er mit den Texten für «Bilderschatz und Sterngewölbe. Geschichten zu 30 Kirchen und einem Schloss im Unterengadin» begonnen, am 20. Juni feierte das Buch in der Kirche Lavin Vernissage.
Auf den ersten Blick überrascht, dass der Hochparterre-Co-Gründer sich für eine Kirchen-, Kunst- und Sozialgeschichte des Unterengadins entschieden hat. Doch schon immer hat er – ganz der Soziologe halt – Bauten nur in Verbindung mit dem Menschen und der Landschaft gelesen. Die reine Architekturkritik war nie sein Ding.
Gantenbein hat für «Bilderschatz und Sterngewölbe» 30 einfache und wissende, ernsthafte und witzige aber auch persönliche Texte geschrieben. Basis waren die Kirchenwanderungen, die Gantenbein seit 11 Jahren zusammen mit der Sängerin Magda Vogel und dem Musiker John Wolf Brennan organisiert. Die Texte sind aber weit weg von klassischer Kunstgeschichte-Prosa. Gantenbein verknüpft kunstvoll Reformations-, Bau- und Kulturgeschichte mit dem Heute, sammelt Anekdoten und Details, die selbst Kennerinnen und Kenner überraschen.

An der gut besuchten Vernissage, die Hochparterre in Zusammenarbeit mit der Libraria Poesia Clozza organisiert hat, las Gantenbein zu Beginn den Text «Hollywood an der Decke». Der Text beschäftigt sich ausführlich mit der «Majestas domini» im Sterngewölbe der Kirche Lavin, welche italienische Wandermaler 1495 an die Decke malten. Es folgten Lesungen zur sonderbare Kirche in Martina (lesen Sie diesen Auszug hier), zur Kapelle in Hof Zuort oder zur katholischen Kirche in Zernez. Zwischen den Kapiteln liessen die Sängerin Magda Vogel und der Musiker John Wolf Brennan den schlichten Kirchenraum in Lavin klingen. Seufzend, jodelnd, flüsternd, gurgelnd füllte die Sängerin mit ihrer Stimme den Raum, brummend, fiepend, hauchend, mal schleppend, mal fliegend antwortetet Brennan mit der Kirchen- oder einer Blasorgel darauf.
Nach einem frenetischen Applaus für Gantenbein, Vogel und Brennan machte sich die ganze Gesellschaft prozessionsartig zum nahegelegenen Bistro Staziun im ehemaligen Wartesaal des Bahnhofsgebäude auf, wo der Autor signierte und die rund 90 Gäste bei Wasser und Wein, Bier und Saft anstossen und mit Käse und Focaccia der ersten Hunger stillen konnten.