Mulegns im Oberhalbstein

Mulegns, Kunst und Strassennot

Mulegns an der Julierstrasse ist ein ans Auto verlorenes Dorf. Kultur und Kunst sollen es retten.

Mulegns im Oberhalbstein ist ein dramatischer Ort. Die Nationalstrasse zum Julierpass führt mitten durch das Dorf, knapp zwei Dutzend Menschen leben noch da – ein Lastwagen hinter dem andern, ein Auto ums nächste drängelt über die abgeknickte Strasse ins Engadin. Das schöne Dorf wird vom Automobil malträtiert. Doch Mulegns hat eine grosse Geschichte als Sust und als Residenzort von Rückkehren, die Geld gemacht hatten als Emigranten. Die bedrohten grossen Häuser sind Perlen, ihr Ensemble prächtig, dem allem eine Zukunft zu geben aber ist bisher gescheitert. Denn die Vorstellung, dass hier, wo das Auto Landschaft und Dorf zerstört, etwas werden könnte, braucht erheblichen Mumm.

Tiefbau und Kultur

Zweierlei bewegt nun diese Vorstellung. Da ist auf der einen Seite das Tiefbauamt Graubündens. Seine Ingenieure fordern freiere Fahrt für die freien Bürger und wollen die enge Dorfdurchfahrt erweitern. Dazu planten sie das Weisse Haus, eines der schönen Häuser, halbwegs abzubrechen, was Erstaunen, Protest, Unwillen auslöste. Auf der andern Seite bewegt Origen. Origen hat als Theater- und Musikveranstaltung begonnen und wurde zur Kulturinstitution, die mit Kunst Regional- und Kulturpolitik macht, die im Alpenraum ihresgleichen sucht. Origen will aus Mulegns an der Julierstrasse wieder einen Ort  machen. Das «Post Hotel Löwe» eine grandioses aber schlafendes Hotel und das «Weisse Haus» sollen zum Kulturraum werden. Hinter der Idee steht Giovanni Netzer, Origens Intendant. Ein Vorhaben ums andere schiebt er an – das Theater im Stall, Atelier- und Proberäume in alten Häuser, ein Kaffeehaus in Riom und so weiter sind ihm geraten und jede Saison gelingt ihm ein originelles und gut besuchtes Theater-, Tanz-, Diskurs- und Ausstellungsprogramm. Nun also die grosse Kiste: «Die Nova Fundaziun Origen erweitert ihr Engagement in Mulegns und setzt sich für den Erhalt des gesamten spätklassizistischen Gebäudeensembles am Fallerbach ein. Nebst dem «Post Hotel Löwe» soll auch die «Weisse Villa» des Zuckerbäckers Jean Jegher in ein zukünftiges Kulturkonzept einbezogen werden. Damit die Rettungsaktion gelingt, benötigt Origen bis Mitte August 2019 insgesamt 3.1 Mio Franken.» Netzer lädt zu Patenschaften ein, vertraut auf seine Fähigkeit grosse Summen vom Kanton, den Gemeinden und hoffentlich auch dem Bund zu holen und noch grössere aus der Wirtschaft und er macht auch die Verschiebung der «Weissen Villa» zum Theater – eine Eintrittskarte kostet 1000.-. Man ist sich einig, wenn einer das schaffen soll, dann dieser Theatermann, der für Riom mit Sachversand, Tollkühnheit und Pfiffigkeit einen Platz auf der Kunstlandkarte geschaffen hat. Und eine erste Etappe scheint ihm schon gelungen zu sein. Er hat das Tiefbauamt überredet auf sein Projekt zu verzichten und mit ihm zusammen zu spannen. Netzer gerät solches auch, weil er sanftmütig mit Machtverhältnissen und Unsinn umgeht. In seinem wie immer schön gestalteten und gut geschrieben Prospekt zum Vorhaben ist nicht mit einem Wort kritisch von der Ursache von Mulegns Untergang die Rede – von der zerstörerischen Kraft des Autos und dem Anspruch  seiner Strassenbauer für die schelle Fahrt Dörfer und Landschaften zu zerstören. Doch wer weiss, schlägt Netzers Projekt ein, wird er als nächsten Schritt einen Tunnel unter dem Dorfschmuckstück hindurch graben, finanziert aus Ablassgeldern der Autofahrer.

Wer helfen will zur Rettung von Mulegns findet hier den Weg.

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Kommentare

Aluis 29.04.2019 14:27
Anzi, negin problem.
Anna Raymann 29.04.2019 14:15
Vielen Dank für den Hinweis, lieber Aluis! Wir haben den Tippfehler korrigiert.
Aluis 29.04.2019 14:07
Mulegns nicht Mulgens
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