Blick über die neue Terrasse zur Kunsthalle Fotos: me

Löwenbräu reloaded: Die Kunst ist zurück

Alle sind sie glücklich: Stadtpräsidentin Corine Mauch, die Museumsdirektorinnen, Galeristen, Immobilientwickler und die Architekten. Denn für einmal konnten Private und die Stadt ihre Interessen in einem Projekt so gut bündeln, dass es auch realisiert wurde. Sie taten sich zusammen, um das Löwenbräu Areal - oder zumindest einen Teil davon - für die zeitgenössische Kunst zu retten.

Alle sind sie glücklich: Stadtpräsidentin Corine Mauch, die Museumsdirektorinnen, Galeristen, Immobilientwickler und die Architekten. Denn für einmal konnten Private und die Stadt ihre Interessen in einem Projekt so gut bündeln, dass es auch realisiert wurde. Sie taten sich zusammen, um das Löwenbräu Areal - oder zumindest einen Teil davon - für die zeitgenössische Kunst zu retten.

Es dauerte bekanntlich: Ende der Achtzigerjahre wurde das letzte Bier in den Kesseln an der Limmatstrasse gebraut. Danach zogen Galerien, bald die Kunsthalle und später das Migros Museum für Gegenwartskunst ein. Ein privater, von der interessierten Migros nicht genutzter Gestaltungsplan bereitete 1993 vor, was drei Jahre später unter dem Titel Löwenbräu Areal gefeiert wurde. Endlich hatte Zürich eine Adresse für die Gegenwartskunst, auch wenn die Galerien und Institutionen stets damit rechneten, wieder ausziehen zu müssen. 2003 begann das ganz grosse Zittern, denn die PSP Swiss Property hatte inzwischen das Areal von der Immobilienfirma REG übernommen, die ihrerseits schon wieder Geschichte ist, aber damals zu Hürlimann gehörte, die schon Mitte der Achtzigerjahre den Konkurrenten Löwenbräu geschluckt hatte. Ein Umbau und eine neue Nutzung standen an, den entsprechenden Studienauftrag gewannen  ex aequo Gigon Guyer und Atelier WW, die sich in der Folge zur Arge zusammentaten. Der Verkauf rief auch die Stadt auf den Plan, die seit 2004 in ihrem Kulturleitbild festhält, dieses Zentrum für Gegenwartskunst zu erhalten. Ende 2005 setzte der Gemeinderat einen privaten Gestaltungsplan für das Areal fest, der die kulturelle Nutzung einer Teilfläche vorschrieb. Die Stadt begann mit den Mietern nach einer langfristigen Lösung zu suchen. Vor einem Jahr schliesslich gründete die Stadt zusammen mit dem Migros Genossenschafts-Bund und dem Verein Kunsthalle die Löwenbräu-Kunst AG, an der sich die drei Aktionäre mit je 9 Millionen Franken beteiligen. Sie kaufte für 65 Millionen Franken die White Box - den Teil des Areals, der der Kunst vorbehalten ist. Hinzukommen noch Mieterausbauten im zweistelligen Millionenbereich.

Nun laden die Rückkehrer, zurück aus dem zweijährigen Asyl, auf einen Augenschein - ab Sonntag steht das Löwenbräu für eine ganze Woche offen, bevor es noch mal schliesst, alles vorbereitet und wie immer Ende August mit einer gemeinsamen Vernissage richtig eröffnet wird. Diese Preview ist natürlich dem internationalen Kunstkalender geschuldet, denn mit der Art Basel, die ab Dienstag eröffnet, kommen Kunstinteressierte auch in Zürich vorbei. Da will man bereit stehen.

Die White Box heisst nicht von ungefähr so. Sie stülpt sich im westlichen Teil des Areals als Neubau West von hinten über das teilweise denkmalgeschützte Gebäude, erweitert es und schafft einen neuen, zweiten Zugang von der Hofseite her. Davon profitiert das Migros Museum, das neu im Erdgeschoss und im ersten Stock liegt - die beiden Raumfolgen werden durch eine innere Erschliessung verbunden. Die darüberliegende Kunsthalle wurde aufgestockt, bautechnisch verbessert und erweitert. Bleiben hier die alten Raumstrukturen ablesbar, so sind die Räume in den drei Geschossen des Neubau West frei unterteilbar. Sie werden von raumhohen Fenstern durchbrochen, die sich keinem vorbestehenden Raster unterwerfen. Die weissen Wände, die dunklen Hartbetonböden, die Deckenbeleuchtung ziehen sich durch die neuen und durch die sanierten Räume. Die Materialisierung vereinheitlicht die – zum Teil noch unbespielten – Räume bis zu einem Grad, an dem die Orientierung verloren geht. Sie spricht damit aber auch davon, dass die Zeit des Vorläufigen, des Zwischenständigen dieses Ortes definitiv vorbei ist. Zur Erleichterung etwa von Museumsdirektorin Heike Munder, die erfahren musste, viel Mühe es macht, einen neuen Kunstort aufzubauen. Selbst wenn er nur wenige Kilometer weiter westlich in Albisrieden stand.

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Kommentare

Markus 09.06.2012 08:51
Der Investor PSP kauft das Löwenbräu-Areal und verkauft später einen Teil gewinnbringend an die Stadt weiter? Wäre es da nicht besser, mal über ein Vorkaufsrecht der öffentlichen Hand nachzudenken? Es kann nicht Sache der Steuerzahler und der öffentlichen Hand sein, den privaten Investoren und Spekulanten ihre Gewinne zu finanzieren!
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