Gerade einmal fünf Bügel wird dieser Skilift im kleinsten Skigebiet der Welt transportieren. Zuvor stand er im Appenzell. Weil der Schnee fehlte, wurde er vor kurzem demontiert.

«Auch ein dicker Vogel kann den Skilift nicht stoppen»

Vier Kunstschaffende bauen in St.Gallen den kürzesten Skilift der Welt – trotz politischem Widerstand, knappen Finanzen und wackliger Förderpraxis. Ihr Ziel ist nicht Hüttengaudi, sondern Reflexion.

«Ein 3-stöckiges Haus, ein stotziger Hang, vier Kunstschaffende und Freund:innen des Skisports, daraus ergibt sich ein spektakuläres Kunstevent, das den Klimawandel ins Bewusstsein rückt. GRAUERHIMMEL ist die kürzeste schwarze Piste der Welt, mit einem Bügellift und 20’000 Pistenmillimeter», so steht es auf der Crowdfunding–Plattform.

Denn das St.Galler Kunstkollektiv IG Skilift AG hat ein Problem: Nachdem die SVP erfolgreich beantragt hatte, einen bereits gesprochenen Förderbeitrag kurzfristig zu streichen, fehlen 45'000 Franken. «Wir können nicht mehr zurück, wir stecken schon mittendrin», sagt Anita Zimmermann im Video. Deshalb – und weil sie sich der politischen Einmischung in die Kulturförderung nicht beugen wollen – haben sie und ihre Mitinitianten all ihre Energie mobilisiert. Die Bergstation ist bereits gebaut, seit gestern steht auch die Talstation. Heute soll das Kabel montiert werden, das die fünf Bügel ringsum transportieren wird. «Auch ein dicker Vogel kann den Skilift nicht stoppen», unterstreicht der Künstler Thomas Stüssi.

Am Anfang der verrückten Idee stand ein Angebot des Immobilienunternehmens Halter, Anita Zimmermanns Kunstfigur Leila Bock ein Haus an der Schneebergstrasse zur Verfügung zu stellen. Der 1950er-Jahre-Bau soll im Frühling 2025 abgerissen werden. Anstatt eine weitere Etappe der von Bock kuratierten Ausstellungsreihe «Geiler Block» zu starten, suchte Zimmermann Gleichgesinnte. Zusammen entwickelten sie den «Grauen Himmel»: einen ausrangierten Miniskilift mit schwarzer Piste und Skistübli, mitten im Wohnquartier. «Denn St.Gallen ist eine aufgeräumte Stadt, wo alles möglich ist ...nur eben nicht das Unmögliche. Dafür sind wir jetzt zuständig», schreiben die Kunstschaffenden im Konzept.

In Echt wird die Piste nicht ganz so lieblich aussehen. Denn um sie zu präparieren, setzen die Initiantinnen auf «Recycling-Schnee». Der Winterdienst wird Schnee aus der Stadt zur Schneebergstrasse transportieren, eine Schneefräse wird ihn anschliessend ü

Ein grosses Loch in der Aussenwand des Mehrfamilienhauses legt hangabwärts den Raum unter der Garage frei. An seiner Decke drehen sich das Antriebsrad sowie das Seil, das die Berg- mit der Talstation verbindet. Dort markiert ein Liftmast das Pistenende. Daneben sollen Holzwälle entstehen, die das Quartier vor rutschenden Schneemassen schützen sollen.

Überhaupt, der Schnee: Sollte er ausbleiben, wie es auch in St.Gallen immer öfter der Fall ist, soll der Bügellift trotzdem laufen wie geplant. Schliesslich geht es hier nicht um Hüttengaudi, sondern um Kunst. Und die sei «eine schwarze Piste», wie Zimmermann sagt. Warum die kurzfristige, politisch motivierte Verletzung der Förderpraxis überhaupt möglich war, will ihr noch immer nicht in den Kopf. «Dahinter steckt ein Systemfehler. Und am Ende ist das gestrichene Geld vermutlich der Betrag, der für Löhne fehlt». 

Für zwei Monate dient die Schneebergstrasse 50 in St.Gallen als Skigebiet – inklusive Skibar, schwarzer Piste und Nachtskifahren.

Trotz der Umstände hält das Kollektiv am Zeitplan fest: Am 1. Februar ist Eröffnungsfeier, mit Glühwein und Prosecco, kurzen Reden und einer Aktion des St.Galler Künstlers Roman Signer. Bis dann läuft auch die Crowdfunding-Kampagne. Sie hat bisher knapp die Hälfte des benötigten Betrags eingespielt. Sollte es bis dahin schneien, wird der städtische Winterdienst den gesammelten Schnee an der Schneebergstrasse 50 abladen. Via Förderband transportiert ihn das Team durchs Haus bis zur Schneefräse, die ihn durch das offene Fenster auf die Piste blasen wird.

Dass der Recycling-Schnees eher gräulich als weiss sein wird, passt zum Namen des Projekts. Der «Graue Himmel» ist nicht bloss fantastisches Wintermärchen, sondern auch Abgesang auf vergangene Zeiten, als der Klimawandel kein Thema und Schnee im Februar eine Selbstverständlichkeit war. «Wir holen den Berg in die Stadt, wenn die Stadt nicht mehr auf den Berg kann», verkündet die IG Skilift AG, «man muss nicht nach St.Moritz. Man kann nach St.Gallen...Downtown.» 

Wer Lust hat, mitzuhelfen, anzubügeln oder einfach bloss dabeizusein und in der warmen Skibar herumzuhängen, ist willkommen – also ab auf die Piste!

 

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Kommentare

Säm 05.02.2025 17:25
Wie kann man Geld nur so Sinnlos verpulvern!?
Ostschweizer 05.02.2025 09:49
sinnloses objekt
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