Jakob fordert richtige Lektüre des Begriffs «Innovation»

Greta und die Heizung-Lüftung-Klima-Firmen

Der Verband GebäudeKlima Schweiz hat eine populäre, aber falsche Vorstellung von «Innovation». Greta Thunberg würde ihre Zöpfe schütteln. Denn «Innovation» fordert griffigen politischen Schub.

Im Verband GebäudeKlima Schweiz sind die Hersteller und Händler der Haustechnik versammelt von Arbonia über Biral bis Zehnder. 28 Firmen für Heizungen, Lüftungen, Klima- und Solaranlagen, Pumpen, Armaturen und so weiter. Nehmen wir all die dazu, die ihre Apparate einbauen, so schauen wir auf eine Branche, die 8 Milliarden Umsatz im Jahr macht und gut 45 000 Menschen beschäftigt. Und eine entscheidende Branche ist für eine vernünftige Energiepolitik und gute Baukultur. Denn in den Schweizer Häusern stehen 1,7 Millionen Heizanlagen. Haustechnik verbraucht über 40 Prozent der Energie des Landes. Ein Drittel der Anlagen sollten saniert werden, sagt der Verband. Sind wir klimafreundlicher als er, so sind es zwei Drittel, denn 49 Prozent laufen nach wie vor mit Öl und 16 Prozent mit Gas – beides Klimavernichter. «3 Millionen Tonnen Co2» liessen sich einsparen, schreibt GebäudeKlima Schweiz. Auch das ist eine moderate Zahl. Sie genügt mit Blick auf die nötigen Taten, um die internationalen Klimaabmachungen zu erreichen, nicht. Und Greta Thunberg würde also streng schauen und ihre Zöpfe schütteln, läse sie die Ambitionen des Verbandes: «Ihr müsst mehr tun, ihr steht an den Stellschrauben.» 

Post vom Präsidenten

Nun schickte mir heute René Schürmann, der Präsident von GebäudeKlima Schweiz, den Bericht seiner Generalversammlung. Er und die Seinen trafen sich im «Nest», dem Haustechnik-Labor-Haus der Empa/Eawag in Dübendorf, um «Innovations-Luft zu schnuppern». Und so schreibt er: «Innovative Lösungen waren auch 2018 im Auftrieb, Stillstand ist für die Gebäudetechnik-Industrie deshalb weiterhin keine Option.» Flott so. 

Zu viel geschnuppert

Vielleicht haben die Heiziger in Dübendorf, etwas fest geschnuppert, so dass sie im Rausch der Gerätschaften und neuen Heizungspumpen, die Bedingung von Innovation vernebelt haben? Vielleicht war sie ihnen, wie etlichen, die mit dem Wort hausieren, schon vor dem Schnuppern unbekannt? Wohlan – der Verband führt laufend Seminare durch. So könnten sich die Klimaleute einmal den Erkundungen von Gerhard O. Mensch widmen und sie auf die handfeste politische Praxis ihrer Firmen und Geschäfte herunter brechen. Mensch ist beileibe kein Grüner, sondern ein hochdekorierter Wirtschaftswissenschafter. Er ist der grundlegende Nachdenker für das Zauberwort «Innovation». Sein massgebendes Buch heisst «Das technologische Patt» und ist schon 45 Jahre alt. Schon als ich als Oekonomiestudent bei Prof. Hansjürg Siegenthaler eine Prüfung über Mensch zu bestehen hatte, war er Kandidat für den Nobelpreis. 

Innovation verlangt Reform

Eine zentrale Aussage ist die wichtige Kritik an der Art, wie René Schürmann und viele seiner Kameraden das Wort «Innovation» brauchen. Sie verkürzen es auf die Wunderwerke von Daniel Düsentrieb, auf technische Erfindungen. Die sind faszinierend und nötig, aber  sie genügen keineswegs um Sachverhalten, Problemen gar, «innovativ» zu begegnen. Mensch begründet, wie «Innovation» immer umfassende soziale, kulturelle und politische Reformen und Veränderungen bedingt. Mit der Energiestrategie 2050 ging der Bund da ein Schrittchen weit, mit den MuKen, den kantonal geregelten «Mustervorschriften im Energiebereich» tun die Kantone ein zögerliches Schrittlein ebenso. Und werden von etlichen SVP-CVP-FdP-Parlamenten mit allen Tricks ausgebremst. 

Bürgerliche bremsen überall 

Die mit GebäudeKlima Schweiz und anderen Industrieverbänden verbunden bürgerlichen Politiker, stehen auch andernorts auf die Bremse, wenn es gilt griffige politische Massnahmen zu entscheiden, die neues technisches Wissen ertragreich machen und so «Innovation» erst stiften. Es ist seltsam – und wäre ich auch ein Gebäudetechniker, würde ich rufen: «Es ist ein Skandal» – wie viel «Innovation», wie viele Geschäftsmöglichkeiten der verzweifelte Eiertanz einer Partei wie der FdP, die dem Verband traditionell nahe verbunden ist, verdirbt und verunmöglicht. Griffige Energiegesetze schlagen unmittelbar in Aufträgen sich nieder, entschiedenes Vertreiben der Oelbrenner aus Schweizer Heizungen, würden nicht nur der immer mürrischen Greta ein Lächeln abringen, sondern die Kassen von Schürmann und seinen Kameraden klingeln lassen. 

Es ist Zeit

Darum staunte ich über seinen Bericht, ich lobe durchaus seines Verbandes Engagement für die Berufsbildung und die technische Neugier, denke aber, es wäre Zeit mit «Innovation» ernsthaft vorwärts zu machen, die zu unterstützen, die griffige Massnahmen durchsetzen wollen – auch Verbote von obsoleten Maschinen und Verhaltensformen. Und dafür sind, im Gegensatz zur Zeit als Gerhard O. Mensch sein Buch schrieb, fast keine Politiker von FdP/SVP/CVP gerüstet. 
 

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