Jakob sprach an der Uni Bern übers Verdichten und schaute dafür auf sein Leben.

Ein Capriccio zur Verdichtung

50 m2 pro Kopf – soviel Wohnraum brauchen wir. Wer Verdichtung ernst nimmt, muss diese Zahl senken. Warum das schwierig ist, berichtete ich an der Universität Bern mit einem Blick auf meinen Lebensfaden.

Am 25. Februar 1956 kam in Samedan im Oberengadin ein Büblein zur Welt: ich. Und schon bald trugen mich meine Eltern in ihre Wohnung an der Bahnhofstrasse, wo die Eisenbahner zu Hause sind. Wie zu einem Zug waren die Häuser aufgereiht. Zuvorderst als Lokomotive eine malerische Villa, das Haus des Bahnmeisters. An sie angebunden je vier Stockwerke hoch fünf Wagen, hellbraungrau verputzt unter breiten, mächtigen Dächern die Arbeiterhäuser. Im hintersten unter dem Dach war meine erste Wohnung. Eine knarrende Holztreppe führte zu ihr hinauf; auf jeder Etage wohnten zwei Familien, sie hiessen Manatschal, Caflisch, Platz, Derungs und Muggli. Die Wohnung von Lydia, Hitsch und mir hatte drei Zimmer und eine Küche. Es gab kein Badezimmer, keinen Kühlschrank, ein Holzöfchen in der Stube und Kühle in den zwei Schlafzimmern. Bald war Daniel, mein Bruder, auch bei uns. Und wir lebten glücklich und fidel auf 57 m2. Die Familie des Bahnmeisters wohnte auf zwei Stockwerken, ihr Haus stand frei in einem kleinen Garten hinter einer Mauer. Sie waren auch zu viert, hatten aber 157 m2 zur Verfügung.  ###Media_2### Als Bub besuchte ich mit meinem Freund Reto seinen Onkel in Zürich. Herr Keller war Direktor einer Heizkörper-Fabrik. Er wohnte mit seiner Frau in Zollikon am Rand der Stadt Zürich. Hier war Retos Mutter mit ihrem Bruder aufgewachsen. Mäuerlein an der Strasse, Tor, gepflästerter Zugang, links und rechts Büsche, Treppe, Vorplatz, Türe, Entree, Salon – das ganze Programm der Villa. Onkel Kellers Familie war auch zu viert, wie wir und Bahnmeisters in Samedan, im Garten lebten sie auf auf einer Fläche, so gross wie ein Fussballplatz, im Haus hatten sie 600 m2 zur Verfügung, dreifach übereinander geschachtelt.    1960 betrug der durchschnittliche Wohnflächenbedarf pro Kopf von den Kleinsten bis zu den steinalten Leuten 30 m2 pro Kopf – Gantenbeins in Samedan w...
Ein Capriccio zur Verdichtung

50 m2 pro Kopf – soviel Wohnraum brauchen wir. Wer Verdichtung ernst nimmt, muss diese Zahl senken. Warum das schwierig ist, berichtete ich an der Universität Bern mit einem Blick auf meinen Lebensfaden.

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