Das Alpine Museum muss nicht schliessen. National- und Ständerat geben ihm Geld. Widerstand und Findigkeit zahlen sich aus.

Alpines Museum über dem Berg

Das Alpine Museum muss nicht schliessen. National- und Ständerat geben ihm Geld. Widerstand und Findigkeit zahlen sich aus.

Heute Abend steigt im Alpinen Museum in Bern ein Fest. Denn gestern hat nach dem National- auch der Ständerat eine neue Finanzierung dieses wichtigen, schönen und guten Hauses beschlossen. Er spricht ihm 780 000.- jährlich zu, das sind 530 000.- mehr als die 250 000.- Franken, die das Bundesamt für Kultur dem Museum noch gewähren wollte. Das Amt hatte die Förderpolitik neu ausgerichtet und den langjährigen Beitrag von über einer Million massiv, ja die Institution bedrohend, gekürzt mit Begründungen, die kein Mensch verstanden hat. Auch dem Architekturmuseum Basel, dem Sportmuseum und anderen sprach der Bund die Zukunft mehr oder weniger ab. Die Wende zur Zuversicht für das Alpine Museum hat zwei Gründe: Widerstand und Findigkeit.

Breite, heitere Öffentlichkeitsarbeit

In einer entspannten Kampagne haben Beat Hächler, der Museumsdirektor, und die Seinen den Widerstand eingefädelt. Inhaltlich klar und hartnäckig: Stützt der Bund die unverständliche Arbeit seines Amtes für Kultur, muss und wird die Institution ihre Türe schliessen. Denn entweder machen wir eine Sache richtig oder lassen sie bleiben. Nach aussen gab es Botschaften, sanft im Ton, deutlich in der Sache, keine Angriffe aber auf die in Formalismen gefangenen und vom Rechenschieber geplagten Beamten. Dafür eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, die Geschichte, Gegenwart und Bedeutung für Morgen des Hauses erklärten.

Landsgemeinde des Widerstandes

Als Landsgemeinde des Widerstandes wirkte ein Unterstützungskomitee. Ich trug als dessen Präsident das Fähnlein voran, Leute aus dem Tourismus, der Alpenforschung, dem Alpinismus, anderem Sport amteten als Vorstand und 16 000 Mitglieder von Müstair bis Carouge und von Riehen bis Chiasso riefen mit uns: «So nicht!» Sie griffen in die Tasten für Leserbriefe, Tweets, emails und schrieben: «So auf keinen Fall!» Einige wirbelten herum, sprachen mit Parlamentarierinnen, arrangierten Treffen und öffneten Türen. Einspruch halt, wie es sich gehört. Bemerkenswert aber, dass ich bei Parlamentariern quer durch die Parteien offene Ohren fand. Dass die Berggebietler für das Museum sind, war klar, viele aber auch aus der Ebene meinten: «So nicht», war gut.

Findiger Ausweg

Dennoch war bald klar, dass das BAK den Entscheid nicht zurücknehmen wird. Paul Messerli, Präsident des Stiftungsrates, meinte melancholisch, das sei nun seine fünfte Rettungsaktion für dieses Haus. Nötig war Arbeit im Parlament. Die tat Stefan Engler, der Ständerat aus dem Kanton Graubünden. Auch da war bald klar, dass ein parlamentarischer Befehl zur Umkehr wenig bringen wird. Und so war der Ausweg ein Kategorienwechsel innerhalb der Kulturförderung: Das Alpine Museum wird vom Bund künftig in der Kategorie «Netzwerke» gefördert – als nationales Kompetenzzentrum für das alpine Kulturerbe. Lange war völlig im Nebel, ob diese Idee greifen würde, Geduld also und starke Nerven der Museumsleute waren nötig. Schliesslich griff das BAK die Idee auf. Und das Parlament machte sie erfolgreich.

Netzwerk?

Netzwerk – das wird natürlich eine Reihe Konsequenzen haben. Die aber müssen nicht würgen. Denn der Wechsel passt durchaus zum Wandel, den das Alpine Museum unter Beat Hächlers Leitung erlebt: Weg von einem statischen Museum, hin zu einer vielseitigen Themenarbeit mit Projekten ausserhalb des Hauses, mit Knowhow-Gabe an Dritte, mit überraschenden Kooperationen für und mit der Kultur und Kunst der Alpen. Das Museum in Bern bleibt aber auch mit der Weiterentwicklung zum Netzwerk bestehen. Und ist ein Arbeitsplatz für etliche engagierte Menschen. Denn der Ort, der Raum, die Ausstellung, die Sammlung, die Bibliothek und die bodenständige Geselligkeit im Schauen, Reden und Zuhören vor inszenierten Alpenthemen sind nicht nur essentiell, sondern auch lustvoll.

Noch nicht aller Tage Abend

Doch obacht: Der Kostendruck auf den Museumsteil wird zunehmen. Die Bundesgelder sind zweckgebunden fürs Netzwerktun. Selbstverständlich werden Beat Hächler und die Seinen findig und rege allerhand Neues aufgleisen. Aber es sind ein Museumsbetrieb, der Unterhalt von Liegenschaft, betrieblicher Infrastruktur und Sammlung zu bezahlen. Mittelfristig muss das Museum zur Deckung solchen Aufwands zusätzliche Mittel finden. Und viele Besucherinnen. Darum, geht hin  und schaut die Lawinenausstellung an. Es lohnt sich, den Schrecken zu erleben, der eingesperrt in einen Ausstellungssaal in die Stadt gefunden hat.

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