Jakob hielt die Abdankungsrede für Carl Fingerhuth und sang ein melancholisches Lied aus dem Engadin.
In der Kirche Zollikon hat sich eine grosse Trauergemeinde von Carl Fingerhuth verabschiedet, dem Stadtbaumeister schlechthin. Jakob hielt die Abdankungsrede und sang ein melancholisches Lied aus dem Engadin.
Ich stelle mir vor: Carl Fingerhuth steht hier im Schiff der Kirche von Zollikon und erzählt mir die Vorzüge und Knörze ihrer Architektur. Er beginnt mit einem kleinen städtebaulichen Aperçu, wundert sich, wie die Kirche ihren Haupteingang verloren hat, wie der alte Zugang über die Gasse eingewachsen ist und bei einer Verbotstafel endet. Die Sackgasse verblüfft ihn, der viel gesehen hat. Er legt seinen Kopf leicht auf die Seite und holt aus, wie in Schweiz der Sechzigerjahre alte, schöne Räume dem Fortschritt haben weichen müssen, der freien Vorfahrt, der grossen Geste – in Zollikon entstand so an der Längsseite der Kirche wohl der grosse Platz für die neue Zeit und ein Nebeneingang wurde zur Kirchentür. Seltsam, fügt er dazu, aber wir haben inzwischen viel gelernt und würden vielleicht das Kirchentor nicht mehr zur Hintertüre machen. Carl tritt dann durch sie ein und schmunzelt, wie die Gewichtsverschiebung innen weitergeht und die Porte aus der Achse zum Chor gefallen ist – eine seltene Ordnung. Die Proportionen sind darum auch im Innenraum verschoben, das ehemalige Portal ist eine grau angemalte, unter der Orgelempore versteckte Nebensache. Carl schreitet durch das Schiff, freut sich wie der Schreiner die Betterfugen immer präzis zwischen ein Leuchtenpaar gelegt hat – «äs isch rächt gmacht». Er mockiert sich über die Deckenleuchten – die, Funktion ohne Form, als kommune Einbaustrahler in den Kirchenhimmel hineingerochen sind. Und er kommentiert schliesslich, lakonisch auf den seitlichen Anbau des Schiffs weisend, dass die Sache mit «alt» und «neu» immer schon ein Thema gewesen sei, das die Könnerin vom Bastler unterschieden habe. Dann wendet sich Carl dem Chor zu, den die Renovationen über all die Jahre gut behandelt haben. Er erklärt mir, mit dem Zeigfinger durch die Luft weisend, die Bildungsgesetze der Decke und der Raumbildung und er bewunde...
Adieu, Carl Fingerhuth
In der Kirche Zollikon hat sich eine grosse Trauergemeinde von Carl Fingerhuth verabschiedet, dem Stadtbaumeister schlechthin. Jakob hielt die Abdankungsrede und sang ein melancholisches Lied aus dem Engadin.
02.12.2021 10:01