Jacques Vagheni spricht an der Preisfeier in Schorndorf zum Publikum. Fotos: Reiner Pfisterer

Preis für Pressefreiheit an Coracon

Das Medienkollektiv Coracon in Ostkongo wurde mit dem Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit ausgezeichnet. Hochparterre hat Coracon mit seinem Solidaritätsprozent unterstützt.

Seit 1994 wegen des Genozids Flüchtlinge aus Ruanda in den Ostkongo gekommen sind, herrscht Unruhe in der Provinz Nord Kivu. Denn mit den Flüchtlingen kamen auch Völkermörder, die verschiedene Milizen gebildet haben, sich von den Bodenschätzen finanzieren und Politik und Bevölkerung terrorisieren. Dies schreibt die Journalistin und Medienausbildnerin Judith Raupp. Sie lebt in Goma, der Stadt im äussersten Osten des Kongo und direkt an der Grenze zu Ruanda. «Radios sind oft die einzige Info-Quelle» In diesem gefährlichen Umfeld halten kleine Medienunternehmen und Institutionen die unabhängige Information aufrecht. So zum Beispiel Coracon, ein Verbund von über 60 kommunalen Radio- und Fernsehstationen. Koordinator von Coracon ist der 46-jährige Jacques Vagheni, der in Goma lebt und Direktor des Gomaer Radios Tayna ist. Coracon will in Ostkongo zur Friedensschaffung und zur Demokratie beitragen. «Die Radios sind in den Dörfern oft die einzige Info-Quelle für die Leute», erläutert Judith Raupp. «Im Gegensatz zu den nationalen Medien berichten die lokalen Radios über die Gewalt in ihrer Heimat.» Von der Armee werden die Lokalmedien allerdings unter Druck gesetzt, etwa Lügen zu verbreiten von angeblichen Siegen über Milizen. «Wenn sie sich nicht daranhalten, werden die Journalistinnen und Journalisten verhaftet oder das Radio geschlossen. Umgekehrt wird die Bevölkerung sauer, wenn die Radios die Lügen der Armee verbreiten – weil sie ständig von Milizen überfallen wird. In ihrer Wut zünden die Leute die Radios an. Die Medien sitzen zwischen Stuhl und Bank.» Trotz dieser fast unvorstellbaren Schwierigkeiten und Bedrohungen machen Jacques Vagheni und seine Redaktionen weiter: «Tous pour la libérté de la presse et la voix des communautés!»

Der Preis ist für Coracon eine Genugtuung, da immerhin so die mutige Arbeit gewürdigt wird. Im Hintergrund links die Journalistin und Medienausbildnerin Judith Raupp.
Coracon erhielt den Johann-Philipp-Palm-Preis für Medien- und Pressefreiheit 2022 Der Einsatz von Coracon und seiner Lokalsender erhielt bisher wenig Aufmerksamkeit ausserhalb von Ostkongo. Dies hat sich Anfang Dezember geändert: Das Radiokollektiv erhielt von der deutschen Palm-Stiftung den Johann-Philipp-Palm-Preis für Medien- und Pressefreiheit 2022. Jacques Vagheni nahm den Preis für Coracon im deutschen Schorndorf im Rahmen einer grossen Feier entgegen. Anschliessend kam Jacques Vagheni nach Zürich und besuchte Hochparterre. Denn mit dem Solidaritätsprozent, das wir 2013 zum 25. Geburtstag von Hochparterre schufen, haben wir Coracon und andere Medienprojekte in Goma unterstützt, jeweils vermittelt und begleitet von Judith Raupp. Jacques Vagheni stellte bei Hochparterre Coracons aktuelle Projekte vor. So fördert das Kollektiv Frauen im Journalismus. «Wir sprechen auch jeweils direkt mit der Bevölkerung und lassen verschiedenste Menschen zu Wort kommen, ob Bäuerin oder Jugendliche», sagt Jacques Vagheni. Weiter produziert Coracon Modellsendungen, welche die Lokalstationen übernehmen können – etwa Informations-Sendungen über Covid-19, vor allem aber über die Hintergründe der kriegerischen und kriminellen Aktivitäten in der Region. Engagement steckt Coracon auch in eine bessere Beziehung zwischen dem Kongo und Ruanda: Die Radios organisieren Austauschtreffen von Jugendlichen, damit diese gegenseitige Vorurteile abbauen können.

Dies bleibt ein Schwerpunkt in der nächsten Zeit, ebenso wie die Aus- und Weiterbildung von jungen und erfahrenen Journalistinnen und Journalisten. Ausserdem versucht Jacques Vagheni als Coracon-Koordinator, das Kollektiv und die Sender selbst auf bessere finanzielle Beine zu stellen, was angesichts der Weltlage eine grosse Portion Kreativität verlangt.

Jacques Vagheni berichtet bei Hochparterre über Coracon-Projekte.

 

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Kommentare

Jacques Vagheni 07.11.2023 09:08
Merci chers amis de Hoch Parterre pour votre accueil en ce temps là. Nous nous battons toujours ici à Goma sons un contexte toujours complexe. Malheureusement les violences continuent dans notre province du Nord-Kivu et la ville de Goma est encore sous pression des affrontements entre l'armée et la milice du M23 soutenue par l'armée rwandaise. Les violences perturbent la vie et le travail des médias est fortement affecté.
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