Eine Grossstadt? Sauglatt!?
Der Blick ging weit, der Raum war knapp: Rund 250 Neugierige versammelten sich gestern im 11. Stock des Glatt-Tower, um den Ausführungen des Krokodils zu lauschen.
Matthias Müller und Daniel Niggli (EM2N) präsentierten die Pläne der Zürcher Architektengruppe (EM2N, Pool, Boltshauser, Zierau) für eine Grossstadt im Glattal, in der Titelgeschichte des aktuellen Hochparterre erstmals veröffentlicht. Auf dem anschliessend von Rahel Marti geleiteten Podium standen neben Roger Boltshauser und Andreas Sonderegger (Pool) noch Wilhelm Natrup (Kantonsplaner Zürich), Richard Wolff (Überparteiliche Arbeitsgruppe Zürich Nord) und Lothar Ziörjen (Stadtpräsident Dübendorf) Rede und Antwort.
Mulmig konnte einem werden. Nicht von der Aussicht oder der Enge des Raumes, sondern ob der Einigkeit aller Beteiligten: Alle, aber auch wirklich alle klopften dem Krokodil auf die Schulter! «Befruchtend!» (Ziörjen), «Froh!» (Wolff), applaudierte man den Revoluzzern. Was sich jedoch nach und nach herausstellte: Alle wähnten sich auf der gleichen Seite. Längst würden sie an der Grossstadt im Glattal arbeiten. Die vom Krokodil erzeugten Bilder kämen ihnen gerade recht, denn vor allem ginge es darum, den Menschen das Bild der Stadt zu vermitteln. Der sich zu Wort meldende Leiter der Raumplanungskommission Glattal («froh und dankbar») ging sogar soweit zu sagen: «Wenn ihr das nicht von euch aus gemacht hättet, hätten wir euch beauftragen müssen!» Verhindert man die Explosion, indem man die Granate schluckt?
So waren es vor allem Nebenschauplätze, an denen sich eine Diskussion entzündete. Zum Beispiel am Tauschhandel der Ausnutzungen, mit denen das Krokodil das Glattal füllen und andere Regionen frei halten möchte: «Der Flugplatz Dübendorf ist unser Pfand, die Zersiedlung zu stoppen.» (Boltshauser) Kantonsplaner Natrup glaubt nicht daran und vertraut seinem frischen Richtplan: «Die Siedlung auf der Grünen Wiese wird es so nicht mehr geben!» Viele waren skeptisch, glaubten den hehren Worten nicht, sahen das heraufkommen, was momentan schon entsteht: ein zersiedeltes Glattal und zersiedelte Regionen rundherum.
Richard Wolff führte ein fulminantes Wort für den Flughafen als Zentrum und kannte auch schon den Namen der neuen Grossstadt: «Glattfurth». Sein Statement, auch den Fluss der Wertschöpfung zu bedenken, hallte noch nach, als die Runde ausklang, wie sie anfing: mit Lob. «Wahnsinniger Beitrag!» (Peter Ess), «enorm wichtig!» (Frank Argast) Wie weiter? Das nächste Jahr Arbeit daran hätte es schon budgetiert, sagt das Krokodil, das an diesem Abend nicht wirklich bissig war. Wie auch, wenn alle streicheln? Doch tatenfreudig ist es: Jetzt wolle es ans breite Publikum gehen, ein Buch, eine Ausstellung, einen Film machen. Applaus. Und nach dem labyrinthischen Weg durch das real existierende Glattal in Form des Einkaufsriesen Glatt gingen im dortigen Sternengrill 140 Würste und ebenso viele Bierflaschen über die Theke.