«Rationale Konzepte können zum Korsett werden»

Als Kreativdirektor bringt David Glättli europäische Designschaffende nach Japan. Ein Gespräch über Fremdheit und Vertrauen, Designkultur und die Kraft der Intuition.

Fotos: Régis Golay

Als Kreativdirektor bringt David Glättli europäische Designschaffende nach Japan. Ein Gespräch über Fremdheit und Vertrauen, Designkultur und die Kraft der Intuition.

Er ist noch keine zwei Jahre in Zürich und plant schon den nächsten Ortswechsel: Es geht nach Männedorf, ein Katzensprung also. Schon ehe er 2008 nach Osaka zog, begann David Glättli, sich mit der japanischen Kultur zu beschäftigen. Vor Rätsel stellt sie ihn immer noch – was so vielschichtig ist, lässt sich rational nicht vollständig begreifen. Und Glättli will staunen, ist ein neugieriger Mensch, der sich gerne nach anderen Welten streckt. Was heute nach einer geradlinigen Karriere als Kreativdirektor klingt, war eher ein Herantasten an neue Wege, Lebensweisen und Ästhetiken. Du hast bereits auf Japanisch geträumt, als du noch Komplimente für deine Stäbchen-Skills bekamst. Kann man als Nicht-Japaner in Japan heimisch werden? David Glättli: Ich habe einen ganzen Bogen an Gefühlen erlebt. Zuerst tiefes Interesse daran, das Land und seine Kultur zu entdecken. Als Japan mir vertrauter wurde, wurde es mein Zuhause. Später begannen mich die Stereotype zu ärgern, mit denen ich täglich konfrontiert war. Ich erkannte, dass ich auch in fünfzig Jahren noch als Ausländer gelten würde. Das lässt sich nicht überwinden. Es hat mich belastet, nicht wirklich dazuzugehören. Woher rührt deine Faszination für das Land? Als Jugendlicher habe ich das Buch ‹Kitchen› von Banana Yoshimoto gelesen. Die Geschichte hat ein besonderes Gefühl bei mir ausgelöst, gleichermassen fremd wie vertraut. Später reiste ich immer wieder nach Japan, um zu verstehen, wie das Leben dort funktioniert. Dieses schöne, fremd-vertraute Gefühl hielt an. Es war fast wie eine Liebesbeziehung. Hielt die Realität deinen Erwartungen stand, als du nach Osaka zogst? Ich war froh, endlich dort zu sein. Das half mir über die Runden. Aber es war frustrierend. Ich hatte keinen Plan, nur wenig Geld und kam mit meinem schlechten Japanisch kaum durch. Englisch sprach niemand. Über einen Bekannten lernte ich...

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