Im Süden viel Neues (1/7)

Geht es um die Designszene, ist das Tessin eine unebene, aber auch offene Landschaft, nach Zürich wie nach Mailand orientiert. Wie arbeiten junge Kreative im Südkanton – sofern sie bleiben? Eine Serie.

Fotos: Nelly Rodriguez

Geht es um die Designszene, ist das Tessin eine unebene, aber auch offene Landschaft, nach Zürich wie nach Mailand orientiert. Wie arbeiten junge Kreative im Südkanton – sofern sie bleiben? Eine Serie.

Ein unterirdischer Gassee, Drohnen im Wald und ein Wolf: Was nach futuristischem Märchen klingt, sind Schlagzeilen, die es im vergangenen Halbjahr über den Gotthard geschafft haben. Sprachbarriere und Alpen lassen uns das Tessin oft nur am Rande wahrnehmen, etwa als Kanton, der bei Abstimmungen sein Image als EU-Gegner zementiert, als Schauplatz des Filmfestivals oder als wiedererblühtes Ferienparadies. Palmen, Piazze und Polenta – die Klischees der ‹Sonnenstube› sind verbleicht, bedient werden sie trotzdem. Im Gegensatz zur Romandie ist punkto Design wenig aus dem Tessin zu hören. So zerklüftet wie seine Topografie ist auch die Designlandschaft des Kantons. Wir haben mit Menschen gesprochen, die sich der Disziplin widmen, mit Produkt- und Industriedesignern, Grafikerinnen, Textil- und Modedesignern, Keramikerinnen und Lehrenden. Nicht alle leben im Tessin. Manche pendeln, andere sind weggezogen. Einige wollen zurückkehren, andere könnten es sich nicht im Traum vorstellen. Trotz der Vielfalt ihrer Haltungen sind sie sich doch über manches einig: Die Natur ist grandios, anders als die Regierung, von der sich kaum jemand angemessen vertreten fühlt. Und viele hadern mit der «Tessiner Mentalität», der mangelnden Offenheit für Neues. Ist sie schuld daran, dass so viele eine ambivalente Beziehung zur Heimat beschreiben? ###Media_6### Lohndumping, Pendlertum und Abwanderung Um den von Gegensätzen geprägten Kanton zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf seine Geschichte. Dazu zählen unschöne Fakten: Als sich Tausende von Arbeitern durchs Gotthardmassiv sprengten, galt das Tessin als Armenhaus der Schweiz. 15 003 Meter Eisenbahntunnel öffneten die ländliche Region für Tourismus und Wirtschaft, Industriebetriebe profitierten von den günstigen ‹mani d’operi› italienischer Arbeiter. Während die Fabriken im Norden nach und nach wieder verschwanden, gediehen sie im ...

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