Die erste Monografie über Lise Gujer gibt Einblick in ihr Leben und Wirken. Fotos: Guillaume Musset

Eine neue Art zu malen

Die erste Monografie über die Textilkünstlerin Lise Gujer versammelt biografische Essays, kunstgeschichtliche Deutungen und zeigt die Erträge der 16-jährigen Zusammenarbeit mit Ernst Ludwig Kirchner.

Bühnenbild, Möbeldesign, Fotografie, Holzschnitt, Grafik, Architektur, Malerei – Ernst Ludwig Kirchner erforschte viele Medien und beherrschte einige meisterlich. Lange beschäftigte er sich auch mit Textilien. In seiner Nachbarschaft in Davos suchte er eine Bäuerin, die seine Ideen als Weberin umsetzen sollte. Daraus wurde nichts, aber er fand Lise Gujer (1893–1967), eine Tochter aus gutem Haus in Zürich und Kurantin in Davos. Nach einem Unfall zog sie sich in ein Bauernhaus zurück und lernte weben. Kurz nach der ersten Begegnung mit Kirchner begann sie nach seinen Entwürfen grossformatige Bildteppiche zu fertigen, die den Künstler als «neue Art zu malen» begeisterten. Er mochte ihr malerisches Talent und kritisierte ihr technisches Unvermögen, was Gujer erst recht anstiftete. Drei Dutzend ihrer Wirkereien sind erhalten – Wandbehänge, Teppiche und Tischdecken. Auch wenn Kirchner Gujers Können öffentlich pries und sie ermunterte, ihr Kürzel in die Teppiche zu fügen, war die Rangordnung klar: «Ich der Künstler, du meine Handwerkerin.» In einer Ausstellung, die 1953 Kirchners Textilien gewidmet war, firmierte auf dem Cover des Katalogs nur er. ###Media_2### ###Media_3### ###Media_4### Die Deutungen zu verrücken, bleibt oft den Nachgeborenen. So weibelte der Kunsthändler Eberhard W. Kornfeld jahrelang, um den Beitrag von Kirchners Weberin zu rühmen. Eine Ausstellung vor gut 25 Jahren im Kunstmuseum Chur zeigte die textilen Baupläne von Lise Gujer. In den vergangenen Monaten setzte dasselbe Haus gemeinsam mit dem Brücke-Museum in Berlin sie auf Augenhöhe mit dem Maler. Wer die Ausstellung verpasst hat, findet Trost im Katalog: Das Buch versammelt biografische Essays, kunstgeschichtliche Deutungen und eine lustige Reportage im Faksimile über Gujers Kochkünste – das Sauerkraut mit Champagner und den Schweinebraten habe ich schon nachgekocht. Streng zu lesen...
Eine neue Art zu malen

Die erste Monografie über die Textilkünstlerin Lise Gujer versammelt biografische Essays, kunstgeschichtliche Deutungen und zeigt die Erträge der 16-jährigen Zusammenarbeit mit Ernst Ludwig Kirchner.

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