Im Schaudepot sinnieren Möbel über den Druck, den sie als Ikone erleben.

Lustige Ikonen

Ein Thonet bei Tintin und Science-Fiction als Möbel – Eine Ausstellung im Vitra Schaudepot zeigt, wie sich Comic-Zeichner und Designerinnen gegenseitig inspirieren.

Im Vitra Schaudepot sprechen neuerdings die Möbel. Trotzig erklärt da beispielsweise Arne Jacobsens Egg-Chair den Besuchern: «Entgegen der gesetzten Meinung bin ich nicht böse». Man mag sich dabei seine geschürzten Lippen vorstellen. Die Stühle in den oberen Reihen tuscheln dagegen: «Aber er verstecken definitiv etwas!» Nicht nur in Filmen drehen sich die Bösewichte auf ähnlichen Stühlen Agenten und Helden entgegen. Noch viel früher dürften Comiczeichner die Symbolik ikonischer Sitzgelegenheiten entdeckt haben. In der Ausstellung «Living in a Box» zeigt Kuratorin Erika Pinner die Wechselwirkung von Design und Comics.

Das Comic-Thema zieht sich in zwei Strängen durch die Dauerausstellung: Comics, die Design-Objekte zitieren und Möbel, die von der Comic-Welt inspiriert sind. Die beiden Stränge verlaufen parallel jeweils am Rand und in der Mitte des Raumes. Aussen liegen in Vitrinen die originalen Comics. Pinner setzt hier vor allem auf bekannte Namen. Da sieht die Besucherin im fünften Band von «Tim und Struppi» den «MR-10» von Mies van der Rohe dezent am Bildrand stehen. Klare Linien sowohl im Sitzmöbel als auch in Hergés Zeichenstil. Die «Taccia»-Leuchte von Giacomo und Castiglioni stattet das Interieur des Comics «Diabolik» gaz im Zeitgeist der frühen Siebziger-Jahre in Italien aus. Und die behäbigen Moomins von Tove Jansson finden den «Butterfly Chair» unbequem. Nun darf das Publikum die realen Gegenstücke in den Regalen des Schaudepots suchen. Mit den montierten Sprechblasen erscheinen einige der Möbel nun selbst wie Comic-Figuren. Dieser Blick auf Klassiker ist erfrischend. Design-Objekte lesen sich in Comics als subtile Codes. Sie illustrieren Lebenswelten und Charakteristiken der Figuren. «Es braucht keine dreiseitige Erklärung über den Bildungsstand einer Figur, wenn sie dabei auf einem Eames sitzt», meint Pinner. Eine gezeichnete Ikone drückt mehr aus, als die Figuren in einer Sprechblase mitteilen könnten.

 

Die «Snoopy»-Lampe ist ein lustiges Beispiel, wo sich Designer von Comics haben inspirieren lassen, findet Erika Pinner.

Expressives Design aus Glasfaser und Kunststoffspritzguss brachte in den Sechziger-Jahren Science-Fiction-Comics in die reale Welt. Inspiriert von Superhelden und Hundeschnauzen prägten runde Linien die Formensprache. Der «Boomerang»-Schreibtisch von Maurice Calka und der «Tomato Chair» von Eero Aarnio sind markante Farbflecken in der Ausstellung. Ihr persönliches Lieblingsobjekt hierzu sei aber die «Snoopy»-Leuchte, sagt Erika Pinner. Sie selbst ist in den USA mit den «Peanuts» aufgewachsen, die Form der Lampe ist ihr daher vertraut: «Solche Objekte machen einfach Spass!»

 

Javier Mariscal wechselte unbekümmert zwischen den Metiers.

Noch offensichtlicher ist das Wechselspiel bei Javier Mariscal der als Zeichner und Designer zugleich, vergnügt zwischen den Genres hin und her sprang. Seine Comic-Mäuse – die «Garriris» – behalten auch als Stuhl ihren Namen und den hedonistischen Charakter. Ob Design heute zu ernst ist? Die Kuratorin schmunzelt. Der Humor junger Gestalterinnen zeige sich in Details wie Farben oder Materialien, dabei sei er aber umso scharfsinniger.

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