Alfred Altherr Junior: Liege, Embru, 1932 Fotos: Michael Lio

Alfred Altherr Junior

Die Reihe der Designer aus der Schweiz, deren Werk noch aufgearbeitet werden muss, ist lang. Joan Billing und Samuel Eberli widmen nun eine Publikation und eine sehenswerte Ausstellung im Zürcher Architekturforum Alfred Altherr junior.

Die Reihe der Designer aus der Schweiz, deren Werk noch aufgearbeitet werden muss, ist lang. Joan Billing und Samuel Eberli widmeten nun eine Publikation und eine Ausstellung im Zürcher Architekturforum dem Schaffen von Alfred Altherr junior. Altherr? Genau: vielseitig aktiv als Gestalter, Architekt, Schul- und Museumsdirektor, Dozent, Ausstellungsmacher, Entwerfer der Landibank und Erfinder der ersten «neutralen Wohnberatungstelle», die er im Gewerbemuseum Winterthur 1956 installierte - um nur einige der Stationen zu erwähnen, die sein Lebenwerk ausmachten.

Erblich vorbelastet von seinem gleichnamigen Vater, der von 1912 bis 1938 an der Zürcher Kunstgewerbeschule Direktor war, kam er früh in Kontakt mit moderner Architektur und Design. Nach einem Volontariat bei Le Corbusier in Paris konstruierte er, knapp zwanzig Jahre alt, bei Embru eine erste Stahlrohrliege. In der Firma in Rüti traf sich damals bekanntlich die Elite der

europäischen Moderne, darunter Marcel Breuer, Werner Max Moser, Le Corbusier, Alfred Roth und Alvar Aalto. Der Weg war klar, die Einflüsse prägend, die Aufgabe gestellt: der modernen Wohnkultur zum Durchbruch verhelfen. Resultat dieser Mission sind Typenmöbe, Betonbauten und Fertigteilhäuser, aber auch Ferienhäuser im Tessin sowie Schulhäuser und heilpädagogische Spezialschulen in Dielsdorf oder Rapperswil. Dem Guten zum Durchbruch verhelfen konnte Altherr auch mit Beiträgen in «Bauen+Wohnen» und «Werk», und vor allem als Geschäftsführer des Schweizerischen Werkbundes. Etwas melancholisch kann werden, wer sich fragt, wo solche Universalbegabte heute abgeblieben sind.

Ein kulturell reiches Land, das solche Nachlässe so lange unbearbeitet liegen lässt, geht einem beim Rundgang durch die Ausstellung durch den Sinn. Und wer meint, da spielen gewichtige Institute und akademische Institutionen mit, der täuscht sich. Der Sohn Jürg Altherr kontaktierte die beiden Organisatoren des Vintage-Salons Design+Design Joan Billing und Samuel Eberli, die bereits das Werk von Jacob Müller (2011) und Werner Max Moser (2012) in monografischen Ausstellungen einem breiteren Publikum vorgestellt haben. Ob sie interessiert wären? Billing und Eberli sichteten den Nachlass, fuhren auf Altherrs Spuren durch die Schweiz, besuchten verschiedene von ihm entworfene Häuser und Weggefährten. Eine Ausstellung und eine Publikation, die für sich in Anspruch nehmen kann, die erste monografische Übersicht zu Altherrs Werk zu liefern, sind das Resultat ihrer Anstrengungen. Arthur Rüegg, Susanna Köberle, Claude Lichtenstein und weitere Autorinnen und Autoren haben dazu beigetragen, aber auch viele Interessierte, die über Crowdfunding mithalfen, die Publikation zu finanzieren, die im Niggli Verlag erschienen ist. Zu hoffen bleibt, dass nun eine definitive Lösung für den Nachlass gefunden wird und die historisch-kritische Aufarbeitung des Werks weitergeht.

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