Bewegte Zeilen

Variable Schriften sind stufenlos auf allen Achsen verstellbar. Das verändert zwar die digitale Typografie, revolutioniert aber nicht das Grafikdesign.

Fotos: Illustration: Studio Dinamo

Variable Schriften sind stufenlos auf allen Achsen verstellbar. Das verändert zwar die digitale Typografie, revolutioniert aber nicht das Grafikdesign.

Bildschirme ersetzen Plakatwände. Flyer landen immer öfters im E-Mail-Eingang, blinkend animiert. Es gibt Apps, die Inhalte in die Wirklichkeit projizieren, mittels Augmented, Virtual oder Mixed Reality. Diese neuen Träger fordern auch die Gestaltung. Dieselbe Druckschrift ist digital dargestellt oft weniger gut lesbar. Trotzdem dauerte es lange, bis es die ersten zuverlässigen, fürs Web optimierten Schriften gab, und erst seit wenigen Jahren setzt sich ein responsives und somit bewegliches Schriftformat durch. Als 2016 Adobe, Apple, Google und Microsoft gemeinsam das Opentype-Format um ‹Opentype Font Variations›, also jene variablen Schriften, erweiterten, löste das einen regelrechten Hype aus. Blogs und Fachmagazine sprachen von einer «Revolution» für die digitale Typografie. Dennoch blieb es zunächst ein Schlagwort.  Der britische Schriftgestalter John Hudson formulierte es so: «Eine variable Schrift ist eine Schriftdatei, die sich wie mehrere verhält.» In einer einzelnen Datei finden sich nicht nur der Regular-, der fette und der kursive Schnitt, sondern auch alle Stufen dazwischen. Die Zeichen fliessen von einer Form in die nächste, gesteuert von Reglern auf allen Achsen wie Schriftstärke und -breite, Neigung, aber auch der optischen Grösse. Neben Textanimationen, die nicht länger Buchstaben verzerren, kann die Typografie so auch auf Bildschirmgrössen reagieren und etwa Zeilen elegant ausgleichen. Durch einfache Algorithmen beeinflussen äussere Bedingungen wie etwa der Lichteinfall die Strichstärke. Die Idee dazu sei nicht neu, macht die visuelle Gestalterin und Typedesignerin Christine Gertsch klar. «Es gab schon ähnliche Anläufe, etwa mit den Multiple Master Fonts, die aber wieder verschwunden sind.» Das Adobe-Produkt vereinte ebenfalls ein Spektrum an Schriftschnitten in einer Datei, war jedoch nicht plattformübergreifend einsetzbar. Schriftent...

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