Er lebte zwar nur die ersten zwei seiner 94 Jahre im Grossherzogtum, doch ein Luxemburger ist er trotzdem, schreibt der Stadtwanderer.

Für Steichen Gerechtigkeit!

Die englischsprachige Welt habe Edward Steichen falsch verstanden. Seine luxemburger Wurzeln habe sie verdrängt und in ihm einen Geschäftemacher gesehen. Eine Biografie gibt Gegensteuer.

Der Name Edward Steichen löst bei mir automatisch «Family of Man» aus. Diese Fotoaustellung, in New York im Museum of Modern Art 1955 zum ersten Mal gezeigt und dann um die Welt reisend, sah ich als Schulbub in Bern und erinnere mich nur noch an den flötenspielenden Indioknaben, der in die Zukunft marschiert. Schliesslich war dieses Bild auch die Zusammenfassung der Ausstellung: Es geht aufwärts. Dass es nur weitergeht, merkte ich erst viel später. Meine Luxemburgerin hingegen sagt: Steichen (1879-1973), das ist einer von uns. Er lebte zwar nur die ersten zwei seiner 94 Jahre im Grossherzogtum, doch ein Luxemburger ist er trotzdem. Das ist auch das erste Anliegen dieser Lebensgeschichte: Ihn als Luxemburger festzuschreiben. Nicht umsonst heisst die Buchreihe «Letzebuerger Biografien». So wie Le Corbusier ja schliesslich auch ein Schweizer ist. Doch Steichen war mehr als der «letzebuerger Jong» nämlich auch noch «Kamera-Avantgardist und Pflanzenzüchter, Kriegsreporter und Kinderbuchillustrator, Modefotograf und Museumsdirektor, Ökologe und Konzeptkünstler, Textildesigner und Ausstellungskurator». Steichens Lebensbogen zeichnet die Moderne nach. Und schreibt sie mit. Er beginnt blutjung in Milwaukee, wo er schnell Karriere als Grafiker macht und sich das Fotografieren selbst beibringt. Mit 21 ist er bereits in Paris und schon ein berühmter Fotograf, ein Piktoralist, ein Maler der Kamera. Geldmangel zwingt ihn zurück nach New York, wo er die Grossen und Mächtigen porträtiert, zum Beispiel den Banker Pierpont Morgan, dem er eine Stuhllehne wie ein Messer in die Hand drückt. 291 ist seine Glückszahl, so hiess die berühmte Galerie an der 291 Fifth Avenue, die mit dem Namen Alfred Stieglitz verbunden ist, aber von Steichen gegründet wurde. Dort fand Amerikas Avantgarde statt. Steichen, unterdessen verheiratet, zügelte zuerst nach Paris, dann 1908 ins Dorf Voulangis, 5...
Für Steichen Gerechtigkeit!

Die englischsprachige Welt habe Edward Steichen falsch verstanden. Seine luxemburger Wurzeln habe sie verdrängt und in ihm einen Geschäftemacher gesehen. Eine Biografie gibt Gegensteuer.

E-Mail angeben und weiterlesen:

Geben Sie uns Ihre E-Mail-Adresse und wir geben Ihnen unseren Inhalt! Wir möchten Ihnen gerne Zugriff gewähren, obwohl dieser Beitrag Teil unseres Abos ist.