Kein Architekt handelt allein, immer sind die Bauten das Ergebnis von Ort, Regeln, Verhandlungen, Geld und auch von Menschen, schreibt der Stadtwanderer.

Steigt vom hohen Ross herunter!

Kein Architekt ist allein. Was folgt daraus? Architektur ist keine freie Kunst, sondern eine ars minora ohne grosses A. Ein Buch, das den Hohepriestern der Architektur die Kappe wäscht.

«Es wäre ein grosses Kompliment, wenn beim Lesen das Gefühl entsteht, dies alles schon irgendwie gewusst zu haben», schreibt Stefan Kurath in seinem Wutbuch «jetzt: die Architektur!». Ich kann ihm dieses Kompliment ungehemmt machen, mir ist’s so ergangen. Nur, was gewusst? Die wirkungsgeschichtliche Perspektive. Sie ist das Gegenteil der architettura autonoma. Kurath wendet sich gegen die innerarchitektonische Autonomie, die behauptet, Architektur, geschrieben mit einem grossen A, sei in sich selbst begründet, ohne ausserarchitektonische Einflüsse, ein sich selbst genügendes System; selbstreferenziell heisst das Stichwort. Dem hält er die Prozessgeschichte entgegen, die jedes Projekt durchläuft. Kein Architekt handelt allein, immer sind die Bauten das Ergebnis von Ort, Regeln, Verhandlungen, Geld und auch von Menschen, die darin verwickelt sind. Ihm geht’s um l’architecture pour les architectes versus die Architektur eingebunden in den Kontext und die Gesellschaft. Hatten wir das nicht schon mal durchgekaut unter dem Titel Autonomie gegen Soziologismus? Damals als die Architekten unter der Anleitung Rossis wieder zeichneten und die Schreibmaschine fahren liessen. Doch wird heute niemand, der ausserhalb des Elfenbeinturms operiert, die Abhängigkeit der Architekten von den gesellschaftlichen Umständen bestreiten. Die zähe Wirklichkeit gibt’s. Sie zwingt zu Kompromissen und zur Verwässerung der grossen Idee. Immer braucht es Verhandlungen, immer Überzeugungskraft, immer Abstriche. Früher, als die Architektur noch eine Kunst war, hätte der Kathederphilosoph den Knebelbart gestrichen und doziert: eine unfreie Kunst. Daran hat auch der Computer nichts geändert. Das scheint mir offensichtlich. Das alles habe ich «schon irgendwie gewusst». Warum Kurath aber ein Wutbuch schreiben musste, versuchte ich bei der Lektüre herauszufinden. Ich vermute er kritisiert sein...
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Kein Architekt ist allein. Was folgt daraus? Architektur ist keine freie Kunst, sondern eine ars minora ohne grosses A. Ein Buch, das den Hohepriestern der Architektur die Kappe wäscht.

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