Link zwei zusammengebastelte Radios, rechts zwei «Telefone».

Dinge, die Geschichten erzählen

In ihrem Bildband «Tools of Disobedience» fotografiert Mélanie Veuillet 185 in Haftanstalten der Romandie entstandene und konfiszierte Objekte. Die Insassen beweisen Geschick und Kreativität.

Haftstrafen, so wie wir sie heute kennen, entstanden erst vor gut 200 Jahren. Freiheitsentzug sollte eine weichere Form des Bestrafens sein – nach jahrhundertelanger Manier der öffentlichen Folter am Pranger. Permanentes Überwachen und Abschotten, der Tag eines Gefangenen besteht aus Leere: sie können weder arbeiten noch lernen. 23 Stunden pro Tag sitzen sie in ihrer Zelle. Sie haben keine Privatsphäre, keinen intimen Raum oder Sexualität, keine Autonomie.185 BasteleienAus Langeweile beginnen die Insassen zu basteln, mit den einfachsten Alltagsgegenständen bauen sie aussergewöhnlich komplizierte Geräte. Mélanie Veuillet fotografierte 185 in Haftanstalten der Romandie entstandene und konfiszierte Gegenstände und dokumentiert sie in ihrem Bildband «Tools of Disobedience», Werkzeuge des Ungehorsams: Sägen und Leiter als Fluchtmittel, Messer und Nunchakus für den Kampf. Auch ungewöhnlicheres fanden die Wächter, wie Tattoo-Maschinen und Spiegel. Denn denn Insassen scheint auch ihr Auftreten wichtig zu sein. Im Umfeld der Haft, wo jeder gleich ist, versuchen sie so eine eigene soziale Struktur aufzubauen. Besitzen verleiht ihnen Status. Einfachste Gegenstände werden zweckentfremdet, die Insassen zeigen ein erstaunliches Mass an Geschick und Kreativität: ein Stift sticht die Tattoos, eine Metallabdeckung wirft das Spiegelbild. Löffel wurden zu Heizstäben umgebaut, Bügeleisen zu Herdplatten. Chipsdosen sind plötzlich Radios, eine Zigarettenschachtel eine Telefon-Atrappe. Aus Socken bauen sie Yoyox, aus Plastikflaschen Pfeifen. Alltagsgegenstände für uns, Luxus für sie. Ästhetik der ArbeitDer blaue Umschlag des Buches ist schlicht: ein weisser Strich teilt oben und unten wie eine Mauer drinnen und draussen. Kein Klappentext, ohne Vorwort und Einleitung beginnt die Fotoserie auf der dritten Seite. Erst am Schluss werden alle Werkzeuge aufgelistet und der französische A...
Dinge, die Geschichten erzählen

In ihrem Bildband «Tools of Disobedience» fotografiert Mélanie Veuillet 185 in Haftanstalten der Romandie entstandene und konfiszierte Objekte. Die Insassen beweisen Geschick und Kreativität.

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