Konkrete Kunst, Grafik und Design wurden nach dem Zweiten Weltkrieg zum Emblem einer modernen Schweiz. Das Buch porträtiert die Zürcher Konkreten Max Bill, Camille Graeser, Verena Loewensberg und Richard Paul Lohse und ihr Umfeld. Fotos: Wikimedia Commons

Das Flachdach und die Zürcher Konkreten

«Kreis! Quadrat! Progress!» porträtiert die Zürcher Konkreten. Im Buch erinnert sich der Künstler Peter Fischli an sein Elternhaus, das sein Vater Hans Fischli entwarf und dessen Flachdach undicht war.

Der Künstler Peter Fischli wuchs in einem der ersten Flachdachhäuser der Schweiz auf. Gebaut hat es 1933 sein Vater, der Bauhausschüler und spätere Direktor der Kunstgewerbeschule Zürich Hans Fischli (1909–1989). Es war ein Bekenntnis zur Moderne – und eine Provokation für das Bauerndorf, wie Peter Fischli sich im folgenden Auszug aus dem soeben erschienenen Buch «Kreis! Quadrat! Progress! Zürichs konkrete Avantgarde. Max Bill, Camille Graeser, Verena Loewensberg, Richard Paul Lohse und ihr Umfeld» erinnert. Der Haushalt, in dem ich aufgewachsen bin, war vom Bauhaus und seinem Denken geprägt. Mein Vater Hans Fischli (1909–1989), Architekt und Künstler, hatte dort 1928/29 studiert. Nach seiner Rückkehr aus Dessau baute er, 24-jährig, sofort das Haus in der Nähe von Zürich, in dem ich, Jahrgang 1952, heranwuchs. Es trug den Stempel seiner Bauhauszeit und fiel noch in den 1950er-Jahren als eher ungewöhnlich auf – damals war das Dorf Meilen eine Bauerngemeinde, fest verwurzelt in der Normalität des Schweizer Lebens. Ein Flachdach war das schlagende Bild, das sagte: Dies ist ein Gebäude der Moderne. Das hob sich stark ab von der Konvention, wie ein Haus auszusehen hatte. Das Haus in Meilen war einer der ersten Flachdachbauten. Mein Vater, der direkt vom Bauhaus kam, konnte gar nicht anders, als ein Haus mit Flachdach zu bauen. Allerdings war die Technologie noch nicht ausgereift. Der utopische Gedanke überschritt die technische Machbarkeit. In seiner Autobiografie beschrieb er, dass das Dach des Gropius-Baus in Dessau «wie ein Sieb geronnen» habe. Zeitzeugen sprechen von einer «braunen Sosse», weil es eine Schicht Torf gab, die mit dem Regen durchdrückte. Für das Haus in Meilen musste man die Technologie erst erfinden und verwendete Dachpappe. Was man nicht wusste: Ein Flachdach braucht eine leichte Neigung und einen Abfluss, sodass das Wasser...
Das Flachdach und die Zürcher Konkreten

«Kreis! Quadrat! Progress!» porträtiert die Zürcher Konkreten. Im Buch erinnert sich der Künstler Peter Fischli an sein Elternhaus, das sein Vater Hans Fischli entwarf und dessen Flachdach undicht war.

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