Vielseitig einsetzbare Wellen
Seit über hundert Jahren prägen gewellte Faserzement-Platten Nutzbauten genauso wie Einfamilienhäuser. Das Westschweizer Büro Localarchitecture zeigt, was man mit dem Produkt von Eternit machen kann.
Der Brownbag-Lunch findet wieder statt! Mit einer Neuerung: Die geistige und die physische Nahrung werden getrennt eingenommen. Christine Dietrich von Eternit (Schweiz) beginnt den Anlass mit einer schnellen Bildreise durch die Geschichte der Welle. Schwarz-weisse Bilder dokumentieren, wie das kostengünstige Produkt nach seiner Markteinführung im Jahr 1912 vorwiegend bei Nutzbauten zum Einsatz kam. Mit dem Beginn des Neuen Bauens änderte sich das. So tauchte in den 1930er-Jahren die Welle bei den Doldertalhäusern in Zürich oder der Basler Wohnbedarf-Filiale auf. An der Landi kam das Produkt bei über fünfzig Pavillons zum Einsatz. «Diese Beispiele zeigen, dass das Material sehr vielseitig und zeitlos ist», kommentiert Dietrich.
Nach einer Reihe grossmassstäblicher Industriebauten gerät die Bildserie ins Stocken. Etwa zeitgleich mit der Weltwirtschaftskrise der 1970er-Jahre setzte die Asbestdiskussion ein. Doch: «Eternit und die Welle wurden immer wieder neu gedacht.» Seit Ende der 1990er-Jahre sind zahlreiche Vorzeigebeispiele aus dem inzwischen asbestfreien Material entstanden; sowohl schmucke Einfamilienhäuser als auch grossmassstäbliche Sonderanfertigungen wie die unregelmässigen Wellen, die das Freizeitgebäude der Mall of Switzerland einkleiden.
Nebst der Dreidimensionalität verfügt Eternit über weitere Attribute, die die Architekturschaffenden faszinieren. Das zeigt Patrick Krecl von Localarchitecture auf: «Die Wellenform ist sehr lebhaft; sie spielt mit Licht und Schatten.» Diese Lebendigkeit sollen die Bewohnerinnen eines Wohnhauses oberhalb von Lausanne spüren. Die Architekten führten die Fassadenverkleidung soweit vor die Fenster, dass sie einen gewellten Schatten auf die Fussböden der Wohnungen wirft.
Nach der Präsentation des monolithischen Dreifamilienhauses setzt Krecl zum Sprung über den Röstigraben an. Auch der Massstab springt: Zwicky-Areal Dübendorf, 215 Wohnungen. Eternit findet sich an denjenigen Fassaden, an denen die Lärmbelastung am höchsten ist. Die Wellenform soll dazu beitragen, den Schall zu brechen und zu streuen. Gleichzeitig schafft das Material Bezüge zur industriellen Umgebung. Und einmal mehr verweist der Architekt auf seine textile Wirkung. Tatsächlich erzeugt es ein ähnliches Bild wie die Vorhänge der angrenzenden Loggien. Eternit kann nicht nur leicht wirken, er ist es auch. «Ein bedeutender Vorteil für die Logistik auf der Baustelle», so Krecl. Ein Bauarbeiter könne ein Panel alleine heben, was die Abläufe vereinfache.
Zum Schluss sind es die Gäste, die farbige Eternit-Klötzchen vom Muster-Tisch heben. Sie stimmen damit über vier neue Prototypen ab, aus denen eines Tages vielleicht ein Standardprodukt wird. Dabei zeigt sich: Die Architekturschaffenden wünschen sich die kleinen Wellen zurück. Doch deren Herstellung stellt immer noch eine grosse Herausforderung dar: «Seit wir Kunststofffasern anstelle von Asbest verwenden, suchen wir nach einer Lösung, damit diese bei kleinen Radien nicht reissen», erklärt Sandra Grafinger, Projektleiterin ‹Neue Wellen› bei Eternit.