Die Cambridge Mosque von Marks Barfield Architects im Bau. Fotos: Blumer-Lehmann AG
In Zusammenarbeit mit Blumer-Lehmann AG

Schlangen aus Holz

Beispiellos geformte Holztragwerke, das ist die Spezialität von Blumer Lehmann. Die Ostschweizer Holzbauer nutzten den Brownbag-Lunch in der Schweizerischen Baumuster-Centrale Zürich für ein leidenschaftliches Plädoyer – nein, nicht fürs Holz, sondern für das Mock-up.


Ein mächtiger Holzträger windet sich durch die vollbesetzten Stuhlreihen und richtet sich vorn auf, wie eine Kobra. Wenn man mit Holz solche Freiformen baue, begrüsst Stefan Baumberger die Gäste in seiner SBCZ, dann lande man früher oder später bei der Firma, die den heutigen Brownbag-Lunch bestreitet, man lande bei Blumer Lehmann. Auf ihrem Erlenhof bei Gossau entstehen seit mehreren Generationen kunstvolle Holzkonstruktionen – am Anfang noch rein handwerklich, heute in Kombination mit neuster digitaler Planung und Fertigungstechnik. Vorgestellt werden heute zwei aktuelle Projekte, darunter die Cambridge Mosque von Marks Barfield Architects mit kunstvollen Stützenbündeln, die sich hoch oben zur elegant geflochtenen Holzdecke auffächern.

Die Projekte bilden beim Anlass aber nur den Rahmen für etwas anderes, für ein Plädoyer fürs Mock-up. Leidenschaftlich wirbt Kai Strehlke für das 1:1-Modell. Der Architekt und Leiter Digitale Prozesse bei Blumer Lehmann spricht vom «magischen Moment», wenn man erstmals vor dem Bauteil in Originalgrösse steht, lange bevor das dazugehörige Gebäude fertig ist. Bilder der Bündelstütze aus Cambridge geben ihm Recht: die zugehörigen Architekten stehen fotografierend vor dem Bauteil. Und der komplexe, mehrschichtige Aufbau des Holzträgers einer anderen Baustelle vermittelt ohne Worte, warum hier mehrere Mock-ups nötig waren, um so etwas bauen zu können. Der schlängelnde Träger gehört zu einem davon, ein anderes hat die Grösse eines Einfamilienhauses mit zwei Geschossen. Daran probierte der Holzbauer, liess auch den Fassadenbauer ran. Denn, so das Credo Strehlkes: Einen solchen «Piloten» baut man, bevor Ausschreibung und Werkplanung beginnen, auf der Baustelle sei es zu spät. Denn beim freigeformten Holzbau ist ein Mock-up nicht nur dafür da, vor Ort die Erscheinung der Konstruktion zu überprüfen. Er liefert den Architekten, Konstrukteuren und Holzbauern wichtige Erkenntnisse für Geometrie und Konstruktion, Montage und Logistik, Produktion und Kosten. Und, ja, auch zur Ästhetik.

Fabian Scheurer, der zweite Vortragende, unterstreicht das. Mit seiner Firma Design-to-Production begleitet er viele Projekte von Blumer Lehmann. Er optimiert die von den Architekten kommenden Modelle, rationalisiert die Geometrien und reduziert die Anzahl der anfallenden Bauteil- und Verbindungstypen. Der «pingelige Controller» sei er auch noch. Für Cambridge hiess das: 2746 Freiformbauteile auf 145 verschiedene Typen zu reduzieren. Auf die digital gesteuerten Fräsen des Erlenhofs musste man sogar nur 23 unterschiedliche Rohlinge spannen. Das Prinzip lautet: viel Vorfertigung und einfachste Montage für eine schnelle Baustelle. Die Schlussfolgerung beider Vortragenden: Ein Mock-up sei ein eigenständiges Bauprojekt, und das koste. Baue man es jedoch früh genug, bringe es allen am Bau Beteiligten etwas sehr Wertvolles: Sicherheit.

Der Brownbag-Lunch ist eine Veranstaltung der Schweizer Baumuster-Centrale Zürich.




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