Spinnereigebäude Uznaberg – ein Zeuge der Textilgeschichte. Sie wurde aus dem Schutz entlassen, ihr droht der Abbruch.

St.Galler Denkmalpflege droht Kahlschlag

Dem St.Galler Kantonsparlament liegt ein Nachtrag zum Planungs- und Baugesetz vor, der zum Kahlschlag bei der Denkmalpflege führen würde. Künftig sollen die Gemeinden über Schutzobjekte entscheiden.

Zusammen mit dem Heimatschutz haben die Architekturverbände SIA, BSA und Werkbund sowie WWF und Pro Natura ihren Kampf gegen die vorgeschlagene St.Galler Gesetzesänderung angekündigt. Sie will erreichen, dass Eingriffe an Schutzobjekten künftig nicht mehr zuerst von der kantonalen Denkmalpflege bewilligt werden müssen, sondern die Gemeinden die entsprechenden Umbau- oder gar Abbruchentscheide fällen. Die kantonale Fachstelle könnte dann erst im Nachhinein mit Rekursen Fehlentscheide korrigieren.

Bütschwil: Trotzt ISOS Ortsbildschutz ist ein anbiedernder Neubau entstanden.

Bütschwil: Foto vor dem Umbau.

Diese Gemeindekompetenz soll nicht nur für lokal geschützte Objekte gelten, sondern auch für solche unter kantonalem und unter Bundesschutz. Dies sei eine völlig unhaltbare Kompetenzordnung sagte Heimatschutzpräsident Martin Killias an einer Medienkonferenz. Er stellte klar, dass Denkmalpflege und sorgfältiger Umgang mit Schutzobjekten für die Kantone nicht freiwillig sei und dass der Bund seine Schutzobjekte ausdrücklich in die Obhut der Kantone gebe. Schon deshalb gehe es nicht, dass eine kantonale Denkmalpflege erst im Nachhinein und auf dem Rechtsweg Entscheide korrigieren könne. Damit würde St.Gallen mutmasslich auch gegen die von der Schweiz ratifizierte Granada-Konvention verstossen, die Vorgaben für den Schutz von Kulturobjekten macht. Kürzlich hatte das Bundesgericht ähnliche Bestimmungen des Kantons Zug als Verstoss gegen diese Konvention bezeichnet und für rechtswidrig erklärt. Das könnte auch den geplanten St.Galler Bestimmungen drohen, so Killias.

Flums: Der Villa Gassner droht der Abbruch, trotz Intervention der Denkmalpflege und einer lokalen Petition, die den Erhalt fordert.

Seitens der Architekturverbände wurde auf die in den meisten Gemeinden fehlende baukulturelle Kompetenz hingewiesen und auf die oft anzutreffende Nähe von Bauwirtschaft und Gemeindebehörden. Dies führe in der Praxis immer wieder dazu, dass Bauherren- und Investoren-Interessen nachgegeben werde und dabei Schutzziele unter die Räder kommen. Pro Natura und WWF berichteten von ihren entsprechenden Erfahrungen, denn über den Erhalt von Naturdenkmäler entscheiden im Kanton St.Gallen schon heute die Gemeinden. Leider würden selbst Schutz-Entscheide dann nicht durchgesetzt, stellen diese Verbände fest. Den Denkmalschutz auch den Gemeinden zu übertragen käme einem Freipass für die Abrissbirne gleich, hiess es von dieser Seite.

Marbach: Denkmalgeschützte Sandstein-Brunnentröge mit Kunststoff ausgekleidet.

Die Schutz- und Fachverbände versuchen nun die politischen Instanzen dazu zu bewegen, auf die Gesetzesänderung zu verzichten. Sollten sie im bürgerlich dominierten St.Galler Kantonsparlament keinen Erfolg haben, werde man das Bundesgericht einschalten. Auch eine Referendumsdrohung steht im Raum. Die ersten politischen Entscheide fallen Mitte Januar.

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