Von der Lehmgrube zum Wohnexperiment: der Bürokomplex Üetlihof in Zürich.

Genossenschaftliches Wohnen im Üetlihof

Die Wohnbaugenossenschaft ‹Mehr als Spekulieren› übernimmt von der Credit Suisse den Bürokomplex Üetlihof in Zürich. Hochparterre wünschte sich es wäre so – hat aber einen Aprilscherz gemacht.

Im Bürokomplex Üetlihof der ehemaligen Grossbank Credit Suisse in Zürich entsteht das grösste Wohnexperiment der Schweiz. Die Wohnbaugenossenschaft ‹Mehr als Spekulieren› übernimmt die Immobilie per Ende 2023 und sucht für die zu Wohnungen umgenutzten Büroräumlichkeiten neue Bewohnerinnen. Wo heute 8500 Arbeitsplätze untergebracht sind, soll Wohnraum für 5500 Menschen entstehen.

Kooperative Nutzung des Parks
Für die Umnutzung lanciert ‹Mehr als Spekulieren› nun einen Studienauftrag. Eingeladen sind die Büros Loeliger Strub Architektur, das Studio Trachsler Hoffmann, Donet Schäfer Reimer Architekten und Lacaton & Vassal. «Mit seinen grossen Bauten und Freiräumen, deren Erschliessung und Infrastruktur, bildet der Uetlihof ein in sich geschlossenes, städtisches System, das sich hervorragend für den Umbau in eine genossenschaftlich geführte Wohnüberbauung eignet», schreibt die Wohnbaugenossenschaft heute in einer Medienmitteilung. Das Gelände misst knapp 56 000 Quadratmeter und ist damit fast vier Mal so gross wie der Sechseläutenplatz. In dem mehrfach prämierten Park planen die neuen Betreiber ein grosses Urban Farming-Projekt mit Permakultur und Vertragslandwirtschaft. Die erwirtschafteten Produkte sollen auch der Bevölkerung der Stadt zugute kommen. Momentan leben im Park Schafe und rund 300'000 Arbeitsbienen, die rund 80 Kilo Honig pro Jahr produzieren – in den guten Zeiten ein beliebtes Geschenk für ausgewählte Kunden und Partner der Grossbank.

Der Grosskomplex am Fuss des Üetlibergs stand in den letzten Jahren öfters in den Schlagzeilen. Die Credit Suisse hatte den Komplex 2012 für 1 Milliarde Franken an den norwegischen Staatsfonds verkauft. 2022 wollte dieser ihn wiederum loswerden. Der Zürcher Stadtrat interessierte die zweitgrösste zusammenhängende Parzelle in der Wohnzone als strategische Landreserve. Das Stadtparlament lehnte jedoch einen entsprechenden Kredit über 1,2 Milliarden Franken knapp ab. Im selben Jahr zogen koreanische Investoren ihr Angebot zurück, weil ihnen die Zukunft der Grossbank zu unsicher sei. Jetzt konnte ‹Mehr als Spekulieren› kurz vor der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS einen günstigen Deal abschliessen. Über den tatsächlichen Kaufpreis vereinbarten die Parteien Stillschweigen.

Von der Lehmgrube zum Wohnexperiment
Seinen Anfang nahm das ursprüngliche Verwaltungsgebäude der Schweizerischen Kreditanstalt in der ehemaligen Lehmgrube der Zürcher Ziegeleien. Zwischen 1976 und 1980 erstellte das Architekturbüro Stücheli Huggenberger Stücheli das erste Gebäude mit vier wabenförmigen Bereichen, die auf einseitig geöffnete, begrünte Höfe blicken. In den 1990er Jahren entstanden zwei weitere Waben und ein schmaler Annex mit Einzelbüros, anstelle dessen Stücheli Architekten ab 2008 den 16-geschossigen Neubau ‹Üetlihof 2› errichteten.

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