Vor 30 Jahren zählte der Architekt zur Avantgarde. Seine analytischen und konstruktiven Wettbewerbspläne verzaubern noch heute. Ein Besuch im Atelier von Ueli Schweizer im Herzen von Bern.
Die Lebensschichten des Ueli Schweizer
Vor 30 Jahren zählte der Architekt zur Avantgarde. Seine analytischen und konstruktiven Wettbewerbspläne verzaubern noch heute. Ein Besuch im Atelier von Ueli Schweizer im Herzen von Bern.
Fotos: Rolf Siegenthaler
Das Haus an der Junkerngasse in der Berner Altstadt ist nur zwei Fenster schmal, doch hinter seiner Laube tut sich eine Welt auf. Seit mehr als 30 Jahren arbeitet der Architekt Ueli Schweizer hier in einem einzigen Raum – in einem Schlauch, durch den ich mir meinen Weg bahnen muss. Bücherstapel und Mappen, Bilderrahmen und gerollte Pläne, Zeichengeräte und Farbflaschen, Gemälde und Modelle haben längst die Herrschaft über Tische, Ablagen und Boden übernommen. Die Zeichnungen des Architekten hängen an beiden Wänden des Atelierraums, dicht an dicht mit Bildern von melancholischen Frauen, die Schweizers Expartnerin, Saša Berounska, gemalt hat. Davor lehnen abstrakte Gemälde, die von seiner Exfrau Regula Schweizer stammen. Ganz hinten betrete ich drei Stufen höher einen weiteren Raum, eher eine Höhle. Dort, am Schreibtisch neben seinem Bett, zurückgezogen von der Welt, sitzt der 81-Jährige: grauer Rossschwanz, Sandalen, kurze Jeans. Müde und gleichzeitig wach blickt er auf, hustet, legt die Pfeife weg und widmet sich seinem Gast. Genaue Unschärfe Hierher geführt hat mich ein ‹DU›-Heft, das ich als Student geradezu verschlungen habe: die Ausgabe vom Mai 1992 über die ‹Neuere Architektur in der deutschen Schweiz›. Damals standen Jacques Herzog und Pierre de Meuron noch am Anfang ihrer Karriere, und Peter Zumthor hatte noch lange Haare. Auch Ueli Schweizers und Walter Hunzikers Büro gehörte zur erlesenen Auswahl. Kein Geringerer als Marcel Meili schrieb über ihr schmales Werk, das sich, so der Zürcher Architekt, weniger auf der Baustelle als im «papierenen Exil» entwickelt habe. Kennzeichnend dafür sei der sehr persönliche Stil der Zeichnungen. Dass diese aus der Hand Ueli Schweizers stammen, erfuhr ich erst später. Ebenso, dass das Büro Schweizer Hunziker sich kurz nach Erscheinen des Heftes aufgelöst hatte. Schweizer zeichnete danach allein weiter...
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