Das Aarau von morgen
Auf dem früheren Industrieareal Torfeld Süd ist in den vergangenen Jahren ein Stadtquartier gewachsen – es ist eins von vier Transformationsgebieten, die Aarau prägen werden.
Am 9. März 2013 um 2.10 Uhr nachts knallt es in Aarau. Augenblicke später sackt das 45 Meter hohe Rockwell-Hochhaus im Scheinwerferlicht in sich zusammen. An den umliegenden Fenstern und auf der Strasse jubeln Tausende von Schaulustigen. Ihr Applaus gilt der ersten Hochhaussprengung in der Schweiz. Was vielen wohl nicht bewusst ist: Die Explosion ist auch ein Urknall – er läutet eine neue Ära auf dem Areal Torfeld Süd ein, das einst das bedeutendste Industrieareal der Stadt und zuletzt Sinnbild des industriellen Niedergangs war.
Die Geschichte des Torfelds Süd begann Ende des 19. Jahrhunderts, als Industriebetriebe auf das weitgehend unbebaute Feld nahe dem Bahnhof zogen. Massgeblich geprägt durch drei grosse Firmen, wuchs in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein regional bedeutendes Industriegebiet von der Grösse der Aarauer Altstadt heran. Den östlichen Arealteil belegte die Giesserei und Maschinenfabrik Oehler & Co., im westlichen Teil stellte die Firma F. Aeschbach Haushaltgeräte her, und in der Mitte lagen die Hallen des Elektrokomponenten-Herstellers Sprecher & Schuh.
Nach den goldenen Zeiten Mitte des 20. Jahrhunderts begann der Niedergang: 1986 stellte F. Aeschbach die Geräteproduktion ein, um fortan als Immobilienfirma zu agieren. Die Firma Oehler & Co. wurde 1970 von der Schaffhauser Firma Georg Fischer übernommen und 13 Jahre später verkauft. Der französische Konzern Alstom erwarb 1986 Teile von Sprecher & Schuh, der Rest ging 1993 an die Rockwell Inc. Entgegen allen Befürchtungen produzierte die US-amerikanische Firma vorerst am Standort Aarau weiter – als letzter grosser Industriebetrieb auf dem Torfeld Süd. Als Ende 2021 in der Rockwell-Produktion die Lichter ausgingen, war das einstige Industriequartier bereits weitgehend verschwunden.
Seit 2016 erhebt sich an der Stelle des Rockwell-Hochhauses ein neuer Büroturm. Er ist zwei Geschosse höher als sein Vorgänger aus den 1960er-Jahren und wirkt mit seinem polygonalen Grundriss und der fein profilierten Natursteinfassade repräsentativer. In den eleganten Büros hinter den grossen Fenstern arbeiten die Angestellten der Ausgleichs- und Pensionskasse Gastrosocial. Das Hochhaus, gebaut vom Aarauer Architekturbüro Schneider & Schneider, ist Landmarke und Auftakt zum Aeschbachquartier – und das einzige Gebäude im neuen Stadtteil, das nicht von der Immobilienfirma Mobimo gebaut wurde. Sie hat ab 2001 auf dem Torfeld Süd geduldig Parzellen zusammengekauft und getauscht, bis ihr der gesamte westliche Teil und das Rockwell-Areal gehörten. Die Firma HRS erwarb unterdessen das ehemalige Oehler-Areal im Osten und gab bekannt, dort das von vielen lang ersehnte neue Fussballstadion für Aarau bauen zu wollen.
Wandel im Westen, Stillstand im Osten
Mit dem ‹Mittellandpark› scheiterte 2005 in der städtischen Volksabstimmung ein erster Gestaltungsplan für das Torfeld Süd, wobei die Ablehnung sich in erster Linie gegen ein grosses Einkaufszentrum richtete, mit dem HRS das Stadion querfinanzieren wollte. In der Folge übernahm das Aarauer Stadtbauamt die Federführung und gleiste den Planungsprozess neu auf. Als der Gestaltungsplan Torfeld Süd 2013 in trockenen Tüchern war, verkaufte Mobimo das an der Ecke Buchser-/Industriestrasse gelegene, prominenteste Baufeld mitsamt Hochhausprojekt an Gastrosocial.
«Wir konnten und wollten das Areal nicht alleine stemmen», sagt Vinzenz Manser, Leiter Realisierung und Geschäftsleitungsmitglied von Mobimo, rückblickend. Doch auch die Immobilienfirma machte nun zügig vorwärts: 2019 war ihr Arealteil – mit Ausnahme der nach wie vor industriell genutzten Rockwell-Bauten – umgekrempelt und das Aeschbachquartier, ein Dienstleistungs- und Wohnquartier nach neuzeitlichen städtebaulichen Grundsätzen, Realität geworden. Bei HRS ist es weniger rund gelaufen: Ihr inzwischen mehrfach umgeplantes Stadionprojekt ist durch Einsprachen blockiert, Fussballspiele finden derzeit höchstens im Rahmen der temporären Nutzung des brachliegenden Areals statt.
Die Sache mit dem Stadion
Die Heimspielstätte des FC Aarau, das Stadion Brügglifeld, ist veraltet, liegt in einem Wohnquartier in Suhr, und drei Viertel der 8500 Plätze sind ungedeckte Stehplätze: Seit mehr als 20 Jahren will Aarau ein neues Stadion. Das Immobilienunternehmen HRS sagte zu, dem FC Aarau eine neue Heimat mit 12 500 Zuschauerplätzen auf dem Torfeld Süd zu bauen. Zur Querfinanzierung sollte das im Rahmen des Gestaltungsplans ‹Mittellandpark› entwickelte Projekt zunächst auch ein grosses Einkaufszentrum, Gewerbeflächen und Wohnungen umfassen. 2005 sagte das Volk Nein zum städtischen Darlehen für die ‹Mittellandarena›. Für ein redimensioniertes Stadion stimmte es jedoch 2008 einer finanziellen Beteiligung der Stadt und 2010 dem Gestaltungsplan Torfeld Süd zu. Beim dritten Anlauf erhielt HRS 2014 die Baubewilligung für ein Stadion mit 10 000 Plätzen und Einkaufszentrum. Doch es wurde Beschwerde eingereicht. Nach zweijährigem Ringen, zuletzt vor Bundesgericht, stand dem Baubeginn 2016 endlich nichts mehr im Weg – nun aber wollte HRS wegen des inzwischen veränderten Marktumfelds das Einkaufszentrum nicht mehr bauen. Plan B sah stattdessen Wohnhochhäuser vor. Nach zwei weiteren Volksabstimmungen und einem erneuten Gang vor Bundesgericht lagen Teile des Gestaltungsplans im Sommer 2024 zum dritten Mal öffentlich auf. Wenig überraschend: Es folgten Einsprachen.
Gut gemacht, aber zu unbelebt
Das Aeschbachquartier lässt sich als ein typisches Stück Schweizer Städtebau des frühen 21. Jahrhunderts bezeichnen. Den Masterplan entwarfen das Planungsbüro KCAP und die Landschaftsarchitekten von Studio Vulkan im Jahr 2011. Die Zusammenarbeit von Mobimo und Stadt gestaltete sich partnerschaftlich, Bevölkerungspartizipation war indes noch kein Thema. Die Architektur stammt von KCAP, Schneider & Schneider und Steib Gmür Geschwentner Kyburz.
Vom Bahnhof kommend, werden Besucherinnen und Anwohner vom Gastrosocial-Hochhaus im Areal empfangen. Neben dem Haupteingang führt eine parallel zur verkehrsreichen Buchserstrasse angelegte autofreie Erschliessungsachse durch den vorderen Teil, der sich betont urban gibt: Vier- bis achtgeschossige Stadthäuser fassen den vorwiegend asphaltierten Freiraum, Kolonnaden, Überhöhen und Backsteinfassaden zeichnen die gewerblich genutzten Erdgeschosse aus.
Torfeld Süd
A Hochhaus Gastrosocial, 2016; B Aeschbachhalle, Umbau 2019; C Oehler-Park, 2019; D Nordbau (Rockwell), Umbau bis 2027; E Hallenhaus, 2027; F Hofhaus; G Areal-Stadion
Türkis: Aeschbachquartier, 1. Etappe
Gelb: Aeschbachquartier, 2. Etappe (Rockwell)
Rot: Erhaltener Bestand
In den beige oder grau verputzten Obergeschossen liegen Büros und Wohnungen. Grün ist hier spärlich gesät; nur in den Sickermulden wachsen Gras und einzelne Bäume. Nach 150 Metern endet die städtische Achse unvermittelt. Senkrecht dazu schiebt sich der Oehler-Park durch das Quartier. Der langgezogene öffentliche Grünraum – Mobimo hat ihn als Teil des Mehrwertausgleichs erstellt und ihn der Stadt übergeben – trennt das urbane Aeschbachquartier vom privaten. Jenseits davon liegen eine Zeile aus vier Mehrfamilienhäusern und eine zweite mit Reiheneinfamilienhäusern. Die Bebauung ist hier niedriger, die Aussenräume sind grüner, die Wohnungen in Privatbesitz. So gelingt dem neuen Areal der Anschluss ans angrenzende Wohnquartier.
Die sorgfältige Planung und der architektonische Anspruch ist dem Aeschbachquartier anzusehen – lebendig wirken die Stadträume nach fünf Jahren aber noch nicht. Dazu dürfte erstens die Tatsache beitragen, dass das Aeschbachquartier von einer Hand geplant wurde und folglich wie aus einem Guss daherkommt. Zweitens rührt es aber auch daher, dass die Geschichte des Areals im Zuge der Transformation fast gänzlich ausradiert wurde.
Einziges Überbleibsel ist die Aeschbachhalle, eine ehemalige Schlosserei, die heute als Kulturhaus mit Restaurant dient. Drittens reichen die Arbeitsplätze und die knapp 260 Wohnungen nicht aus, um das Areal mit Leben zu füllen – zumal die meisten Angebote des täglichen Bedarfs ausserhalb liegen. An einem sonnigen Nachmittag unter der Woche lebt der Ort einzig von den Kinderstimmen, die aus der ehemaligen Fabrikantenvilla Oehler dringen. Die Kindertagesstätte im sanierten Denkmal – auch sie war Teil des Mehrwertausgleichs – ist denn auch die einzige soziale Infrastruktur im Aeschbachquartier.
Andere Zeiten, andere Strategien
Vinzenz Manser ist dennoch zufrieden: «Man muss akzeptieren, dass ein solches Areal Zeit braucht, um wie gewünscht zu funktionieren.» Die Aeschbachhalle sei anfangs nicht gut gelaufen, nehme nach einem Betreiberwechsel nun aber Fahrt auf. Auch Kleingewerbe wie ein Coiffeursalon und ein Kosmetikstudio hätten sich etabliert. Das liegt auch daran, dass Mobimo dem Kleingewerbe in der Anfangsphase mit vorteilhaften Konditionen entgegenkommt – auch aus Eigeninteresse: Die Immobilienfirma will das Areal langfristig in ihrem Portfolio halten. «Wir sind gekommen, um zu bleiben», sagt Manser, «und wollen für künftige Arealentwicklungen dazulernen.»
Dass Mobimo in den vergangenen Jahren dazugelernt hat, zeigt sich derzeit im Norden des Torfelds Süd, wo voraussichtlich bis 2027 die letzten Bausteine des Aeschbachquartiers entstehen werden. Hier wird das Architekturbüro Baumberger Stegmeier die historische Halle 5 um fünf Geschosse aufstocken und daneben ein hölzernes Wohnhaus mit grünem Innenhof bauen. 126 Mietwohnungen umfasst das Projekt. Das Angebot soll Studios, Kleinwohnungen, Familien- und Clusterwohnungen umfassen.
Den sogenannten Nordbau, ein gedrungenes Rockwell-Produktionsgebäude mit Waschbetonfassade aus den 1970er-Jahren, werden Schneider & Schneider zu Teilen erhalten und mittels neuer Holzaufbauten in ein Wohnhaus für 131 Parteien umwandeln. «Ein Gebäude wie den Nordbau hätte man vor zehn Jahren als hässlich befunden und abgerissen», sagt Vinzenz Manser. Das Thema Nachhaltigkeit habe vieles verändert. «Heute stehen wir zu solchen Gebäuden und schauen, was sich daraus machen lässt.» Von Beginn an habe Mobimo das Aeschbachquartier auch als eine Art Labor für die eigenen Entwicklungstätigkeiten betrachtet.
Weitere Grossprojekte folgen
Die letzte Etappe des Aeschbachquartiers wird also um einiges ressourcenschonender und grüner als die bereits realisierten. Das breite Wohnungsangebot wird das Stadtquartier hoffentlich auch bunter machen. Viele neue Anwohnerinnen und Anwohner werden den öffentlichen Raum beleben und dem lokalen Gewerbe zusätzliche Einnahmen bescheren. Nicht zuletzt wird der partielle Erhalt bestehender Strukturen dazu beitragen, dass das Neue in der gewachsenen Stadt und in den Köpfen der Menschen rascher Wurzeln schlägt.
Noch besser könnte dies durch Partizipation gelingen – schliesslich wissen künftige Nutzerinnen oder Bewohner der angrenzenden Quartiere oft am besten, was die Nachbarschaft braucht. Hilfreich ist zudem, wenn neben bestehenden Strukturen auch lokal verankerte Nutzungen an Orten im Umbruch Identität stiften – etwa auf dem Areal Telli Ost, wo ein Grundeigentümer dem über 30-jährigen Kultur- und Konzerthaus ‹KiFF› einen Neubau ermöglicht und ihm damit eine Zukunft gesichert hat.
Mit der Transformation der Areale Telli Ost und Torfeld Nord rollen nun die nächsten Grossprojekte an – zwei weitere, zentral gelegene Gebiete in der Grössenordnung von je einer Altstadt. Sie werden das Aarau von morgen massgeblich prägen.
Aeschbachquartier
Arealgrösse: 55 000 m2
Realisierungszeitraum: 2013 bis voraussichtlich 2027
Einwohner/-innen im Endausbau: ca. 750
Arbeitsplätze im Endausbau: ca. 500
Grundeigentümer: Mobimo, Küsnacht; Gastrosocial, Aarau; Stadt Aarau
Architektur: KCAP, Zürich; Schneider & Schnei- der, Aarau; Steib Gmür Geschwentner Kyburz, Zürich; Baumberger Stegmeier, Zürich
Landschaftsarchitektur: Studio Vulkan, Zürich; Hoffmann & Müller, Zürich
Nachhaltigkeit: Quartierzertifikat ‹DGNB Gold›
Telli Ost: vom Wildwuchs zum Biotop
Seit den 1970er-Jahren ist der Name ‹Telli› untrennbar mit den gestuften Wohnzeilen der Grosswohnsiedlung Mittlere Telli verknüpft. Tatsächlich bezeichnet er aber ein ganzes Quartier, das im Norden an die Aare stösst und sich im Süden bis an die Hangkante zum höher gelegenen Areal Torfeld Nord erstreckt. Mitten im Quartier liegt das Areal Telli Ost – ein Wildwuchs aus Gewerbe- und Industriebetrieben, Kulturhäusern und sehr viel Asphalt. Neben dem regional bekannten Kulturhaus ‹KiFF› finden sich hier unter anderem das Verlagshaus CH Media, eine christliche Gemeinde, eine Brockenhalle, Autogaragen und ein Fitnessklub. Wohnungen gibt es praktisch keine.
Im Zuge der BNO-Revision wurde das Areal im Jahr 2019 der Zone ‹Arbeiten und Wohnen fünfgeschossig› zugeteilt und mit einer Gestaltungsplanpflicht belegt. Einige der zehn Grundstückseigentümer, das war bekannt, hegten bereits Pläne für ihre teilweise stark unternutzten Parzellen. Um die Entwicklung steuern und öffentliche Anliegen einbringen zu können, nahm die Stadt das Heft in die Hand und gleiste eine Entwicklungsplanung mit sämtlichen Grundeigentümern auf. Die Gegenleistung für deren Kooperation: Die Stadt übernahm die Hälfte der Planungskosten und stellte eine hohe Ausnützung in Aussicht. Das gemeinsame Zielbild von Stadt und Eigentümern: Aus dem Areal Telli Ost soll ein qualitätsvolles Wohn- und Arbeitsquartier werden.
Aus der Testplanung mit drei Teams 2022 bis 2023 ist kein eindeutiger Sieger hervorgegangen. Vielmehr haben die drei in Bezug auf Dichte, Bebauungstypologien und Bestandserhalt unterschiedlichen Zielbilder die Bandbreite des Möglichen aufgezeigt. Zwei Zwischenbesprechungen mit der Jury und ein Quartierdialog begleiteten den Prozess. An Letzterem nahmen 31 Personen teil, die sich vor allem ein durchlässiges Quartier mit Grün- und Freiräumen, publikumsorientierte Erdgeschossnutzung und Lösungen für den Umgang mit dem Mehrverkehr wünschten.
Als Grundlage für die Weiterbearbeitung diente der Entwurf des Teams von Brühlmann Loetscher. Das Team hat Aspekte der Konkurrenzprojekte eingearbeitet und seinen Entwurf bis 2024 zum Richtprojekt vertieft. Im Zentrum standen Fragen zu Dichte- und Nutzungsverteilung, Erschliessung und Mobilität, Grün- und Freiraum, Bestandserhalt und Etappierung, sozialer Durchmischung und Klima. Nach einem zweiten Bevölkerungsdialog im Juni ist nun der Entwicklungsrichtplan in Arbeit. Darauf basierend, sollen die Grundeigentümer ab 2025 Teilgestaltungspläne in Auftrag geben können.
Die Transformation des Areals Telli Ost ist aufgrund der heterogenen Eigentümerschaft weitaus komplexer und langwieriger als die des Torfelds Süd. Das birgt auch Chancen: Die unterschiedlichen Zeit- und Zielvorstellungen der Akteure können nicht nur die bauliche und soziale Vielfalt befördern, sondern sie erzwingen auch eine Etappierung – und damit einen organischeren, flexibleren Transformationsprozess.
Areal Telli Ost
Arealgrösse: 74 500 m2
Ausnützung künftig: max. 2,0
Einwohner/-innen nach Endausbau: ca. 1150
Arbeitsplätze nach Endausbau: ca. 1300
Grundeigentümer: Autocenter Aarau; Coop Mineralöl, Allschwil; Brugger Liegenschaften, Brugg; Einwohnergemeinde Aarau; G. Kunath; Immotelli, Aarau; Ortsbürgergemeinde Aarau; City-Garage, Aarau; AZ Management Services, Aarau; Fortimo, St. Gallen
Planung: Brühlmann Loetscher, Zürich (Architektur, Städtebau); Cyclus, Zürich (Landschaftsarchitektur); Kontextplan, Zürich (Verkehr); Durable, Zürich (Nachhaltigkeit); Intosens, Zürich (Nutzungsplanung, Positionierung)
Nachhaltigkeit: Anforderungen 2000-Watt- Gesellschaft; Auflagen städtische Klimaschutzstrategie
Realisierung: ab 2024
Torfeld Nord: vom Stadtrand zur Innenstadt
Zwischen den Arealen Torfeld Süd und Telli Ost, genauer: zwischen Bahngleisen und Rohrerstrasse, liegt das langgezogene Industrieareal Torfeld Nord. Es grenzt im Osten an die Nachbargemeinde Buchs und ist etwa zeitgleich mit seinem Namensvetter südlich der Gleise entstanden. Jedoch haben sich hier vorwiegend kleinere, über Aarau hinaus weniger bedeutende Industriebetriebe angesiedelt.
Seine heutige Struktur gleicht derjenigen des Quartiers Telli Ost: Elf Parteien besitzen hier Land, und in der heterogenen Bebauung koexistieren Autogarage und Radiostudio, Bowlingcenter und Minigolfanlage, Eventhalle und Fitnessklub. Das markanteste Bauwerk ist das U-förmige ehemalige Zeughaus an der westlichen Arealspitze. Im ‹Wenk› gleich nebenan trifft sich die Aarauer Jugend.
Auch das Torfeld Nord soll sich wandeln – jedoch radikaler als das Areal Telli Ost. Die Bau- und Nutzungsordnung (BNO) sieht hier eine Erweiterung der Innenstadt mit sehr hoher Baudichte und grossen, ökologisch wertvollen Freiflächen vor. Entlang der Bahngleise sind Hochhäuser möglich. Ein weiterer Unterschied gegenüber der Telli Ost: Zu den Grundeigentümern auf dem Torfeld Nord gehören der Bund und der Kanton Aargau. Letzterer besitzt zudem das Baurecht für die Parzelle des Bundes – also für die Arealspitze, wo sich ‹Wenk› und Zeughaus befinden.
Der Kanton war es auch, der die Entwicklung des Torfelds Nord 2022, nach jahrelangem Stillstand, wieder ins Rollen brachte. Er will auf dem Areal möglichst bald ein kantonales Integrationszentrum für 250 Menschen und einen Verwaltungsstandort mit 1600 Arbeitsplätzen realisieren. Der Haken: Gemäss BNO gilt für das Torfeld Nord eine Gestaltungsplanpflicht. Die Stadt pochte folgerichtig auf eine gesamtheitliche Betrachtung. Vom erfolgreich angelaufenen Entwicklungsprozess auf dem Areal Telli Ost bestärkt, hat das Stadtbauamt auch hier die Gesamtleitung übernommen, die übrigen Grundeigentümer an Bord geholt und eine Entwicklungsstrategie ausgearbeitet.
Im Frühjahr 2025 soll die Testplanung beginnen, Baustart für die ersten Projekte ist gemäss Plan Ende 2027. Bis dahin sollen Sofortmassnahmen, beispielsweise temporäre Nutzungen und Interventionen im Aussenraum, das Gebiet aufwerten, Identität stiften und den bevorstehenden Wandel ankündigen.
Areal Torfeld Nord
Arealgrösse: 124 000 m2
Ausnützung künftig: 2,0; entlang der Bahn bis zu 4,2
Grundeigentümer: Agybo Immobilien, Aarau; Kanton Aargau; Bund; SBB Immobilien; Weinkellereien Aarau; Swiss Finance & Property Group, Zürich; Einwohnergemeinde Aarau; 11a Immobilien, Beckenried; Max Kuhn AG, Aarau; Max Kuhn; Eniwa, Aarau
Realisierung: Etappenweise über 10 bis 30 Jahre