Von der 14-jährigen Druckerei Ziegler in Winterthur kamen nicht nur Fassadenbleche, sondern auch Dämmplatten.
Aus alten Bauteilen neue Häuser bauen? Die Halle 118 in Winterthur zeigt: Das ist ökologisch sinnvoll. Ausserdem bieten sich architektonische Chancen.
Ende August feierte Hochparterre im Hof sein Sommerfest. Bei jordanischem Streetfood und Bier vom Zapfhahn führte ich ein Gespräch, das ich schon öfters geführt hatte. Es ging um die Ökokrise und die Verantwortung des Bauens. Der Hardcore-Architekt sprach: Ein Haus, in dem man sich wohlfühlt, das nicht modisch ist und sich vielfältig nutzen lässt, ist ein nachhaltiges Haus. Gute Architektur ist unser Beitrag zur Klimawende. Ein paar Tage davor hatte ich mit einer Stadtbaumeisterin und einem Architekten über klimafitte Quartiere diskutiert. Fazit: Bitte keine neuen Verbote. Planen und bauen ist schon komplex genug.
Aus beiden Beispielen sprechen Desinteresse und Abwehrreflexe. In der Architektur wie überall bedroht die Klimawende den Status quo. Vielleicht gleicht sie darum eher einem sanften Abbiegen als einer Kehrtwende? Jedenfalls nennt sich Realpolitik, der Ökokrise jahrzehntelang zuzuschauen. Die Realökonomie dahinter glaubt ungebrochen an ewiges Wachstum. Und die Realarchitektur produziert am Laufmeter Neubauten aus endlichen Roh- und Kunststoffen, die kaum zwei Generationen stehen. Schöner alter Realismus.
Kreislaufarchitektur
Die Halle 118 will anders sein. Die Sanierung und Aufstockung auf dem Winterthurer Sulzer-Areal ist ein Statement gegen die Wegwerfarchitektur, das zu achtzig Prozent aus alten Bauteilen entsteht. Stahlträger aus Basel, Fenster aus Zürich, Fassadenbleche aus Winterthur, selbst alte Böden und Lavabos treten bald ein zweites Leben an. Dazu kommen ‹materiali poveri› – Holz, Stroh und Lehm.
Allein die Bewilligung des Projekts als ‹Neubau› ist beachtlich. Die Zahlen zeigen, dass sich der Aufwand lohnt. Spielend unterschreitet es die Grenzwerte bezüglich Betriebsenergie und Treibhausgasen, die der SIA-Effizienzpfad Energie vorgibt. Die graue Energie liegt nur rund halb so hoch wie es Minergie Eco verlangt. Im Vergleich hat das Klein...
Bricolage für die Besserwelt
Aus alten Bauteilen neue Häuser bauen? Die Halle 118 in Winterthur zeigt: Das ist ökologisch sinnvoll. Ausserdem bieten sich architektonische Chancen.
28.10.2019 13:51