Zürich baut teurer, weil besser
Eine Studie hat die Baukosten der Stadt Zürich unter die Lupe genommen. Das Resultat: Bei den Wohnsiedlungen baut sie gleich günstig wie die Genossenschaften, Schulen und Pflegezentren kosten teilweise deutlich mehr.
Drei externe Studien haben die Baukosten der Stadt Zürich unter die Lupe genommen. Das Resultat: Bei den Wohnsiedlungen baut Zürich gleich günstig wie die Genossenschaften, Schulen und Pflegezentren kosten aber teilweise deutlich mehr. Die Stadt setzt auf mehr Komfort, richtet sich nach höheren Standards und wendet die Baugesetze strenger an als andere Gemeinden.
Die Stadt Zürich baut zu teuer. Dieser Vorwurf war in den letzten Jahren immer wieder und immer öfter zu hören, wenn die Stadt einen Baukredit bekannt gab. Geraten die Kosten tatsächlich aus dem Ruder? Um diese Frage zu beantworten, startete die Stadt das Projekt «Kostenklarheit» und beauftragte drei externe Beraterbüros. Diese nahmen die Zahlen um BKP, EKG und HNF ein Jahr lang unter die Lupe. Am Montag präsentierte die Stadt die Studien den Medien. Das Ergebnis des 180-seitigen Berichts: Zürich baut teurer, aber dafür auch besser.
Günstige Wohnungen, teure Schulen
Die Berater haben die drei Bereiche Wohnen, Schule und Gesundheitsbauten untersucht – mit unterschiedlichen Resultaten. Die Wohnbauten schneiden im Vergleich am günstigsten ab. Die Stadt baut «nicht teurer als die Baugenossenschaften», stellt die Studie fest. Allerdings sind die Schwankungen relativ stark. Ein Vergleich mit privaten Bauherren war leider nur bedingt möglich, da nur zwei bereit waren, Zahlen zu nennen. Immerhin: Die beiden untersuchten Beispiele lagen mit 7 Prozent nur wenig unter dem städtischen Mittel.
Bei den Schulgebäuden sieht die Rechnung anders aus. Die Bauten in der Stadt Zürich «sind tendenziell teurer» als andere Schulen im Land, so die Studie. Das Schulhaus Volta in Basel ist zum Beispiel rund ein Drittel günstiger. Der Bericht geht davon aus, dass die verschärften Schulbaurichtlinien des Kantons den Raum- und Flächenbedarf ansteigen liessen, was Mehrkosten von 20 Prozent ausgelöst habe. Weiter nennt die Studie grosse Verglasungen und Energielabels als Kostentreiber. Verglichen mit anderen Schulen in Zürich liegt das in die Kritik geratene Blumenfeld im Mittelfeld – zumindest was den Preis pro Quadratmeter betrifft. Bei den Kosten pro Schüler liegt es aber nur 5 Prozent hinter dem Schulhaus in Leutschenbach. Der Begriff «das teuerste Schulhaus der Stadt» bleibt also Kerez’ Leuchtturm vorbehalten.
Noch grösser sind die Unterschiede bei den Gesundheitsbauten, wo die Studie von «deutlich höheren Kosten» spricht. Die Pflegeheime der Stadt sind bis zu fünfzig Prozent teurer pro Bett als der Durchschnitt. Der Bericht erklärt dies unter anderem mit der maximalen Ausnützung der Parzellen, was ein aufwändiges Bauen zur Folge habe. Zudem zeige der Vergleich, dass in Zürich das Raumangebot umfassender sei: Die meisten Wohnungen haben im Unterschied zur übrigen Schweiz einen Balkon, einen Parkplatz und Zugang zu Mehrzweckräumen.
Was ist gut genug für Zürich?
Nach dem Studium der drei Analysen, sieht die Stadt vier Hauptfaktoren, die das Bauen verteuern. Erstens: Die Fläche pro Person ist gestiegen und zwar nicht nur im Wohnungsbau, sondern auch in der Schule und im Pflegezentrum. Für die Stadt ist klar: «Um Kosten reduzieren zu können, müssen die heutigen allseitigen Ansprüche hinterfragt werden.» Darüber will Stadtrat André Odermatt debattieren. «Wir müssen gemeinsam festlegen, wann gut für Zürich gut genug ist», sagte er an der Medienkonferenz. Gleichzeitig sieht er sich gezwungen, den Trend nach Mehr mitzumachen. «Wir müssen marktfähig bleiben», erklärte Odermatt. 13 Quadratmeter kleine Zimmer fänden heute keine Mieter mehr.
Zweitens: In der Stadt ist das Bauen oftmals komplexer: Der Baugrund liegt im Grundwasser oder ist mit Altlasten vorbelastet, alternative Standorte gibt es in der dichten Stadt keine. Drittens: Die Anforderungen an den Ausbau wurden erhöht und die ökologischen Standards verschärft. «Neue Gesetze und Vorschriften werden meist ohne Beachtung der Kostenfolgen erlassen», schreibt die Stadt. Sie will darum besser aufzeigen, welchen Einfluss neue Richtlinien auf das Budget haben.
Pingelige Behörden
Als letzter Grund nennt die Stadt die gesetzlichen Vorgaben, die zu restriktiv ausgelegt würden. Beispielhaft zeigt sich dies beim Thema Küchen in Kinderhorten. Im Kanton Zürich gelten diese als Gastrobetriebe und müssen einen eigenen Brandabschnitt haben. Gesetzt ist Gesetz. Im Bern brennt das Feuer anders: Dort kann in einer offenen Wohnküche gekocht werden. Auch verglichen mit anderen Gemeinden im Kanton Zürich kam die Studie zum Ergebnis, dass die Stadt die gesetzlichen Anforderungen «klar strenger einfordert». Die Experten rechnen dadurch mit Mehrkosten von bis zu 5 Prozent. «Die Ermessensspielräume werden zu wenig ausgenutzt», folgert die Stadt. Sie will nun das Gesetzt auf Paragraphen abklopfen, die sich dehnen lassen, um Kosten zu senken.
Weiter will die Stadt in Zukunft die Lebenszykluskosten stärker berücksichtigen, denn Betrieb und Unterhalt machen ein Mehrfaches der Investitionskosten aus. Ein teures Schulhaus kann langfristig gesehen günstiger sein. Und schliesslich gilt: Wer Kosten sparen will, tut dies am Anfang der Planung und nicht kurz bevor die Bagger auffahren. Die Stadt will darum zu Beginn eines Projektes die Bedürfnisse «kritisch hinterfragen» und «ungenügend begründete Investitionsanträge» zurückweisen. Werden die Mittel aus dem Topf für «Unvorhergesehenes» angezapft, erfordert dies künftig die Unterschrift von Odermatt persönlich. «Es gibt keine Geldverschleuderer», betonte dieser. «Aber wir können und wollen uns laufend verbessern.»