Baustelle des Rolex Learning Center in Lausanne im Jahr 2009. Fotos: Alain Herzog via Wikimedia

Von der Vision zur Welle

Ein Dokumentarfilm über das Rolex Learning Center bringt die Akteure hinter der Stararchitektur vor die Kamera und berichtet eindrücklich über die Spannungen, Freuden und Ängste unter den Beteiligten.

Das Rolex Learning Center wurde bereits in vielen Texten gefeiert, in weissen Modellen präsentiert und sogar in 3D verfilmt. Ein Dokumentarfilm bringt nun die Akteure hinter der Stararchitektur vor die Kamera und berichtet eindrücklich über die Spannungen, Freuden und Ängste unter den Beteiligten. Denn allem Glanz der Pritzkerpreisträger zum trotz: Architektur ist eine Teamarbeit mit unzähligen Mitwirkenden. Regisseur Pierre Maillard lässt sie alle zu Wort kommen. Allen voran SANAAs Projektleiterin Yumiko Yamada, die zwischen Tokio und Lausanne vermittelt. Mit dem Handy am Ohr und den Füssen in Gummistiefeln ist sie zwischen zwei Welten eingespannt: «In Japan ist die Rede von Millimetern, hier geht es um Zentimeter», so Yamada. Wie gross die Anspannung war, zeigt der Blick in eine Krisensitzung – eine Schlüsselszene. Der GU weigert sich, den Boden in Beton auszuführen und hält dies für technisch unmöglich. Zudem verlangt die EPFL von den Architekten genaue Angaben zu den Anzahl Arbeitsplätze und zur Lärmentwicklung im Gebäude. Yamada gerät in Erklärungsnot, verweist aber auf ein Gutachten von eigenen Schallphysikern, das jenem der EPFL widerspricht. Das Projekt scheint auf der Kippe, doch schliesslich kann Yamada die Wogen glätten.

Einer der grössten Kraftakte ist das Betonieren der Bodenschalen. Diese werden in drei Tagen und drei Nächten an einem Stück erstellt. Die Bauleiter sind sichtlich nervös, denn die Konsistenz des Betons muss exakt stimmen, damit in der Neigung betoniert werden kann. Doch auch dieses Abenteuer gelingt. Neben den Strapazen zeigt der Film auch die Freude über dieses einmalige Projekt. So ist der Chefelektriker begeistert, dass «in der Schweiz endlich etwas gewagt wurde». Zur Sprache kommen auch die Ängste der künftigen Nutzer vor dem neuartigen Gebäude. Diese lösen sich aber nach Bezug schnell in Stolz und Lust auf an der «wunderbaren Radikalität» des Entwurfes. Nicht zu Wort kommen Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa selber. Maillard hatte ein Interview geplant. Dieses fand jedoch nie statt, da die Architekten als Bedingung die völlige Kontrolle über den Film wollten. Im Nachhinein tut diese Ausblendung dem Film aber keinen Abbruch. So stellt Maillard bewusst nicht die puristische Architektur in den Vordergrund, sondern wirft das Licht auf den Bauprozess und zeigt die harte Arbeit hinter den Kulissen – bevor das fertige Gebäude über die Architekturwelt hinaus hohe Wellen warf.

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