Damals hiess es noch «Theater am Stadtgarten»: das Theater Winterthur kurz nach der Fertigstellung (Foto: 1982). Fotos: Werner Huber

Sparwahn treibt seltsame Blüten

Winterthur muss sparen. Nun überlegt sich die Stadt, Frank Krayenbühls Theater abzureissen, damit an seiner Stelle Private ein Kongresszentrum bauen können.

Winterthur muss sparen. Nachdem die Stadt vor wenigen Jahren ihren hunderttausendsten Einwohner begrüssen durfte und so zur Grossstadt aufstieg (schweizweit ist sie Nummer sechs), spürt sie nun den Wachstumsschmerz. Wie manche chronische Krankheit führt auch der Sparwahn mitunter zu akuten Fieberschüben.


Ein solcher fand just zum Samichlaustag den Weg vom Stadtrat an die Öffentlichkeit: Man könnte doch das Stadttheater abbrechen und an seiner Stelle ein Kongresszentrum mit Hotel errichten. Die Wirtschaft (gemeint ist nicht etwa die mit dem Stammtisch, sondern «Wirtschaftskreise») habe bereits positive Signale ausgesandt. Und selbstverständlich könnte in dem neuen Bau auch Theater gespielt werden.


Nun muss man wissen, dass das Theater Winterthur nicht einfach ein x-beliebiges, baufälliges Gebäude ist. Mit dem damaligen «Theater am Stadtgarten» schuf Architekt Frank Krayenbühl 1979 eine Perle seiner Zeit. Nach dem Stadttheater St. Gallen (1968) und dem Theater in Basel (1975) schloss der Neubau in Winterthur die Trilogie der Schweizer Theaterneubauten der Hochkonjunktur ab. Unter dem bleiernen, von einem kräftigem blauen Stahlfachwerk getragenen Dachpanzer entwickelt sich eine faszinierende räumliche Vielfalt.


Nach bald vierzig Jahren stehen zwar Sanierungsarbeiten an, doch das Haus deswegen auf die Abbruchliste zu setzen, ist absurd. Dies meint auch der Theaterverein und sammelt in einer Online-Petition Unterschriften für den Erhalt des Theaters. Damit aus der im Fieberschub geborenen Idee nicht bittere Realität wird.


Nicht, dass gegen das Sparen grundsätzlich etwas einzuwenden wäre, doch die Stadtbehörden vermitteln nach aussen den Eindruck, als ob das Sparen ihr einziger Daseinszweck wäre. Wenn man als Aussenstehender, doch nach wie vor mit Winterthur Verbundener zurück nach «Winti» fährt, so ist man bei der Ankunft am Bahnhof fast erstaunt, dass es die Stadt überhaupt noch gibt. So schnell kann man ein Image, das sich in den letzten zehn Jahren vom Negativen ins Positive gedreht hat, wieder zerstören.

Petition

Ein Eintrag in der «Online-Petition gegen Theaterabrissabsichten» des Theatervereins Winterthur hilft mit, Frank Kräyenbühls Meisterwerk zu sichern.

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Kommentare

Florian 12.12.2014 17:43
So ein Schwachsinn! Die gleichen Deppen im Stadtrat die uns diese Misere eingebracht haben machen jetzt wirklich ALLES falsch um Winterthur wieder auf Kurs zu bringen! Statt solche lächerlichen und unnützen Ideen einzubringen sollten Sie mehr auf realistische Initiativen setzen und einfach unsere Elenden Steuern erhöhen! Und wer weiss? Vielleicht ist es ja auch nicht die beste Idee, ein geliebtes Kunstwerk (ja, den Holdli) gegen den Volkswillen abzureissen und irgendeinem unnützen Modernisten der unserem Stapi hinten reinkriecht fünf Millionen zu zahlen für ein prätentiöses "Kunstwerk" wenn wir gerade im Finanzloch stecken! Wie inkompetent muss man sein um auf Ideen zu kommen wie "Schulreisen streichen", "öffentliche WC`s nicht putzen" und jetzt das Theater abzureissen? Das muss doch klar sein, dass man sich damit nur unpopulär macht und keinen Deut näher an der Lösung unseres Geldproblemes stehen! Eine Schande!
Manuel Lehmann 12.12.2014 15:43
Nachdem ich zehn Jahre Winti sehr gemocht habe (und plötzlich das Gefühl hatte, da möglichst schnell weg zu müssen), fahre ich aktuell immer mit sehr gemischten Gefühlen nach Winterthur, wenn ich Leute besuchen gehe oder Sitzungen habe in Winterthur . Darum entspricht mir der letzte Satz sehr: "So schnell kann (man?) ein Image, das sich in den letzten zehn Jahren vom Negativen ins Positive gedreht hat, wieder zerstören."
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