Maag Park, Zürich, Studio Vulkan: Grün in der städtebaulichen Dimension. Fotos: Roland Züger

Mach mal grün

Im Architekturforum Zürich ist eine kleine Schau zur grünen Wand zu sehen. Sie erzählt von deren kultur-geschichtlichen Wurzeln und zeigt, wie man bewachsene Fassaden baut und was sie können.

Trüüzizitrüü, tschilptschilp, zizizitrüüüü. Entspannendes Vogelgezwitscher im Architekturforum Zürich. Die laufende Ausstellung will Architektinnen und Architekten ganz offensichtlich verführen: Sie sollen Pflanzen als Ornament begreifen und mehr grüne Wände bauen. Wer eine bewachsene Fassade hegt und pflegt, kann damit rechnen, dass mit der Zeit Vögel nisten. Als Naturerlebnis nicht nur schön, sondern auch praktisch. Denn Vögel fressen Spinnen, und Spinnen im Haus sind ein starkes Argument gegen die grüne Wand. Für sie spricht aber nicht nur das Vogelgezwitscher, sondern in unseren Zeiten natürlich auch das Mikro-Klima, das sie schaffen kann: Im städtischen Sommer kühlt und verschattet sie den Hauseingang, den Hinterhof und die Loggia, im Winter lässt sie die Sonne durch und beschert solare Wärme.

«Mach mal grün», sagen die Architekten zu den Landschaftsarchitektinnen. Sie finden grüne Fassaden prächtig und nützlich, aber sie wissen nicht, wie man sie baut. Auch da hilft die Ausstellung weiter, die Lorenz Eugster, Landschaftsarchitekt und Mitglied des Forum-Vorstands, und Roland Züger, Architekt und Redaktor bei Werk, Bauen+ Wohnen, kuratiert haben. Im Eingangsraum ist eine Mini-Vertikalgrün-Messe eingerichtet aus vier Begrünungssystemen von vier Herstellern. Dahinter hängt der Hintergrund: Die Kulturgeschichte der Pflanze am Bau, die Architekturgeschichte des Baus mit der Pflanze in Fotografien, Gemälden und Plänen. Zum Beispiel – ein Fundstück aus dem gta Archiv – ein Schnitt durch die Hängenden Gärten von Semiramis, den Gottfried Semper 1815 zeichnete. Mein Liebling ist der profane «Efeu-Rohling»: Die Zeichnung eines englischen Landhauses, noch backstein-blutt und darauf wartend, von Efeu umrankt, bekleidet und dadurch architektonisch erst «fertig» zu werden.

Pflanzen verändern ein Haus je nach Jahreszeit, Wachstum und Alter. Wie gross der Gestaltungsspielraum ist, den das eröffnet, zeigen sechs im Hauptraum ausgestellte, ganz unterschiedliche bewachsene Fassaden in Zürich, Mailand, Paris oder Innsbruck. Inzwischen, meint Landschaftsarchitekt Lorenz Eugster, seien die Begrünungssysteme berechenbar, also funktionsfähig und robust. Er muss es wissen, denn auch ihm sind schon Schützlinge eingegangen. Und dazu steht er: Projekte, die man spülen musste, haben die Kuratoren stockzahnlächelnd im Vorraum der Toilette ausgestellt. Drei Leuchtkästen bilden das «Gruselkabinett». Sie zeigen eine schonungslose Foto des gescheiterten Grüns und in einer fadengraden E-mail erläutert der jeweilige Hersteller, warum es einging. Vor dem Verlassen der Ausstellung also unbedingt aufs WC gehen.
 

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