Die Wohnüberbauung in Mont-sur-Lausanne brettert 137 Meter entlang der Autobahn. Fotos: Joël Tettamanti

Krach um Dezibel

Jeder will seine Ruhe, aber schnell ans Ziel. Und je dichter wir bauen, desto lauter wird es. Politikerinnen, Richter und Architekten ringen immer heftiger um den Lärmschutz. Ein Essay und zehn Lärmschutzgebote von Hochparterre.

Jeder will seine Ruhe, aber schnell ans Ziel. Und je dichter wir bauen, desto lauter wird es. Politikerinnen, Richter und Architekten ringen immer heftiger um den Lärmschutz. Lärm nervt, lenkt ab, stört den Schlaf, treibt in den Wahnsinn. Lärm macht krank. Wir sind unserem Gehör ausgeliefert. Der Schall dröhnt in den Ohren, hämmert auf dem Trommelfell, dringt durch Mark und Bein. Ein Höllenlärm, ein Mordskrach sagt man. Und der Schutz davor gleicht einem Kampf. Es geht um Freiheit gegen Gesundheit. Geschwindigkeit gegen Ruhe. Erschliessung gegen Verdichtung. Mobilität gegen Baukultur. Staat gegen Individuum. Arm gegen Reich. Das Ringen um Ruhe hat vier Fronten: die Gesundheit, die Politik, das Recht und die Architektur. Das Auto brummt, der Anhänger rumpelt, die Eisenbahn rauscht, das Moped knattert. 70 Dezibel. 1: Eine Frage der Gesundheit «Lärm ist relativ», sagt Thomas Gastberger. Der gross gewachsene Mann leitet bei der Lärmschutzfachstelle des Kantons Zürich den Bereich ‹Lärmbekämpfung und Vorsorge›. Ein plätschernder Brunnen oder das Knirschen auf einem Kiesweg maskieren die Strassengeräusche, die Aufenthaltsqualität steigt. Nach Lärmsanierungen beklagen sich Mieter in Altbauten, dass sie zwar nun die Flugzeuge nicht mehr hören, dafür aber die Toilettenspülung des Nachbarn. Und Lärm ist nicht gleich Lärm. Nicht jedes Geräusch stört gleichermassen. Es geht um die Frequenz, um den Rhythmus, die Art der Schallwellen. Und es geht um die Umgebung: Harte, parallele Flächen, etwa in einem Innenhof, schaukeln den Schall hoch. Gastberger spricht von «Klangraumgestaltung»: Mit weichen, runden oder begrünten Oberflächen hört sich die Stadt besser an. «Die meisten Menschen setzen sich dort hin, wo es ihnen akustisch wohl ist.» Architekten sind visuell orientiert, die Allgemeinheit ist es nicht. In einer Studie der Zürcher Lärmschutzfachstelle gabe...
Krach um Dezibel

Jeder will seine Ruhe, aber schnell ans Ziel. Und je dichter wir bauen, desto lauter wird es. Politikerinnen, Richter und Architekten ringen immer heftiger um den Lärmschutz. Ein Essay und zehn Lärmschutzgebote von Hochparterre.

E-Mail angeben und weiterlesen:

Geben Sie uns Ihre E-Mail-Adresse und wir geben Ihnen unseren Inhalt! Wir möchten Ihnen gerne Zugriff gewähren, obwohl dieser Beitrag Teil unseres Abos ist.