Hubers Bildschirmreisen – #8: Gebaute Utopie am Sandstrand

Als Ferienort für die französische Mittelschicht entstand bei Montpellier La Grande Motte. Lange verfehmt, ist die von Jean Balladur geplante Stadt seit 2010 nationales Kulturerbe.

Fotos: Werner Huber (August 2009)

Als Ferienort für die französische Mittelschicht entstand bei Montpellier La Grande Motte. Lange verfehmt, ist die von Jean Balladur geplante Stadt seit 2010 nationales Kulturerbe.

Die ‹Trente Glorieuses›, die dreissig glorreichen Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, brachten der französischen Bevölkerung mehr Wohlstand, Freizeit und Ferien. Um diese nach klassischer Manier am Strand zu verbringen, gab es an der französischen Mittelmeerküste nur wenige Orte. Viele Touristen fuhren deshalb über die Grenze nach Spanien. Vor diesem Hintergrund initiierten General Charles de Gaulle, damals Président de la République, und sein Premierminister Georges Pompidou ein Entwicklungsprogramm für die Küste zwischen Montpellier und der spanischen Grenze. Damit sollte die bislang wirtschaftlich benachteiligte Region, die lediglich vom Weinbau mehr schlecht als recht lebte und weder Industrie noch Rohstoffe hatte, entwickelt werden. ###Media_2### ###Media_3### ‹Mission interministérielle d'aménagement touristique du littoral du Languedoc-Roussillon› hiess das Programm auf Amtsfranzösisch, bekannt wurde es als ‹Mission Racine›, benannt nach seinem Präsidenten, dem Staatsrat Pierre Racine. Zwischen 1963 und 1983 entstanden so Ferienorte wie Port-Camargue, Le Cap d'Agde, Gruissan-Port, Port Leucate, Port Barcarès oder Plage Saint Cyprien. Von allen Destinationen, die im Rahmen der Mission Racine verwirklicht wurden, ist La Grande Motte die bekannteste: Sie ist eine Realität gewordene architektonische Utopie. Chefplaner und Chefarchitekt dieser ‹Station balnéaire› wurde Architekt Jean Balladur (1924-2002); dessen Cousin Édouard Balladur war übrigens zu Zeiten der Präsidentschaft François Mitterands in den 1990er-Jahren kurz Premierminister. Architekt Jean Balladur war fasziniert von den Pyramiden der Maya aber auch von den Werken Oskar Niemeyers in Brasilia. Beide Einflüsse sind bei seinen Entwürfen für La Grande Motte gut zu erkennen. ###Media_4### ###Media_5### Im unwegsamen, teils sumpfigen Gelände am Golf von Aigues Mortes plante Balladur ei...

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