Der neue Annex steht vor dem Zeughaus Herisau. Fotos: Alexander Gempeler

Heimat, sägerau

Die Zürcher Architekten Gäumann Lüdi von der Ropp haben im Zeughaus Herisau neue Büros für die Kantonspolizei eingerichtet.

Seit 1919 thront das Zeughaus über Herisau, erstellt vom damaligen Gemeindebaumeister Alfred Ramseyer. Nördlich des Ortskerns steht es, an der räumlichen Kante des einstigen Exerzier- und heutigen Sportplatzes. Das rote Krüppelwalmdach zieht sich weit hinab und erzählt vom seinerzeitigen Heimatstil, so wie auch der weisse Putz, die grünen Holzläden und die mit grauem Stein eingefassten Fenster. Die barocken Fabrikantenhäuser Herisaus inspirierten den Architekten zu den beiden Rundgiebeln, die sein 59 Meter langes Gebäude gliedern. Was das Haus nach aussen nicht zu erkennen gibt: Nur ein Viertel ist massiv konstruiert, nämlich der strassenseitige Kopf; den als Lager genutzten Hauptteil trägt eine innere Holzkonstruktion.

Dort bauten die Zürcher Architekten Gäumann Lüdi von der Ropp neue Büros für die Kantonspolizei ein. Der alte Stützenwald prägt weiterhin die vier Geschosse, doch geben drei Betonkerne dem Gebäude Stabilität. Entlang der Fassade liegen die Büros, öffnen sich transluzent zum breiten Gang. Den gliedern die Sanitär- und Treppenhauskerne und geschlossene Vernehmungsräume unregelmässig. Sie kontrastieren lindgrün oder grau mit dem Dunkelgrau des Linolbodens, dem Ochsenblut der Holzwände und den unbehandelten Fichtenstützen von anno dazumal. Im Kopf liegen der Polizeiposten, Büros des Justizdepartements und die hoch technisierte Notrufzentrale des Kantons, geschützt hinter Fenstern aus Panzerglas.

Eine geschlossene Passerelle führt hinüber in den neuen Annex, der fast genauso lang ist wie der mächtige Altbau, aber nur halb so tief. Unter den dortigen Büros der Staatsanwaltschaft liegen die Garagen der Polizei. Im nicht mehr gebrauchten atomsicheren Unterstand darunter fanden die Kulturgüter des Kantons auf 1600 Quadratmetern ein neues Zuhause. Dort, wo der Neubau an die Strasse stösst und fast verschämt auskragt, erhält das Staatsarchiv eine neue Adresse und zwei Etagen ganz in Weisstanne, verbunden über einen zweigeschossigen Lesesaal. Dem Sport- und Parkplatz wendet das Haus seine Längsfassade mit grossen geschlossenen Flächen zu. Diese werden von Wellen aus unterschiedlich tiefen Fichtenholzlamellen gegliedert, und die Abschnitte überschneiden sich auch in der Höhe unregelmässig. Hier findet die dahinter aufragende, barocke Bewegtheit des Zeughauses ihre Entsprechung, kantig und mit sägerauem Heimatgefühl.

Umnutzung und Erweiterung Zeughaus, 2012

Schützenstrasse 1, Herisau

– Bauherrschaft: Kanton Appenzell Ausserrhoden

– Architektur: Gäumann Lüdi von der Ropp, Zürich

– Bauleitung: Jörg Schiess, Stein AR

– Kosten (BKP 1– 9): CHF 20,9 Mio.

– Gebäudekosten (BKP 2 / m³): CHF 544.–

Dieser Beitrag stammt aus der Märzausgabe der Zeitschrift Hochparterre.

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