Sarah Elsing und Werner Huber wandeln kritisierend durch die Hamburger Hafencity.

Hamburg: Wandelnd kritisieren

«Kritik im Wandeln» heisst die Veranstaltungsreihe, die die Hamburger Hafencity AG nun schon zum siebten Mal durchführt. Eine gute Sache. Vor allem, wenn man selbst einer der wandelnden Kritiker sein darf. Gestern war die vierte Veranstaltung dieses Sommers.

«Kritik im Wandeln» heisst die Veranstaltungsreihe, die die Hamburger Hafencity AG nun schon zum siebten Mal durchführt. Eine gute Sache. Vor allem, wenn man selbst einer der wandelnden Kritiker sein darf. Die Übungsanlage ist einfach und ungewöhnlich zugleich: Zu zweit streift man auf einer frei gewählten Route durch die wachsende Hafencity und plaudert dabei entspannt über Architektur, Städtebau und all die damit verwandten Themen. Im Schlepptau folgt diesem Kritikerpaar - mit Kopfhörer verbunden - das Publikum, das den Dialogen lauscht. Gestern fand die vierte Veranstaltung dieses Sommers statt, und manche fragten, ob es Zufall sei, dass am gleichen Tag die NZZ über den Hamburger Architektursommer berichtete. Es war Zufall.

Knapp dreissig Personen folgten der Frankfurter Kulturjournalistin Sarah Elsing und Hochparterre-Redaktor Werner Huber. Startpunkt war das Infocenter im Kesselhaus, als Fixpunkte unserer Route wählten wir die Elbphilharmonie, das Unilever-Gebäude und die neue «Spiegel»-Zentrale. Dazwischen reihte sich viel Neues und Unfertiges und auch einige Brachen, die erst noch bebaut werden sollen. Grundsätzlich betrachteten die beiden wandelnden Kritiker die Hafencity wohlwollend; es ist ein gutes Stück Stadt, das hier entsteht. Die grösste Frage war die nach der Einordnung: Ist es wirklich sinnvoll, dass (insbesondere im neuen Überseequartier) fast alle Neubauten eine Klinkerfassade haben? Oder wäre eine grössere Vielfalt nicht wichtiger für eine lebendige Stadt? Sarah Elsing wünschte sich eher mehr Freiheit, Werner Huber war restriktiver und plädierte zwar nicht für den Klinker als Materialvorschrift aber gegen zu viel architektonisches Spektakel. Einig waren sich beide, dass die Elbphilharmonie von Herzog & de Meuron ein Wahrzeichen Hamburgs werden wird, und dass der Neubau «Sumatra» von Erik van Egeraat ein Beispiel dafür ist, wie man es nicht machen sollte.

Die erfreulichste Erkenntnis des Kritikers von Hochparterre: Mit der Hafen-City entsteht ein gutes Stadtquartier; die öffentlichen Räume als Rückgrat städtischen Lebens dürften funktionieren, und die Nutzungsmischung mit vielen Läden in den Erdgeschossen stimmt. Der Tiefpunkt war das neue Verlagsgebäude des «Spiegel» von Henning Larsen Architects aus Kopenhagen. Trotz Vollverglasung wirkt das Gebäude aus der Ferne abweisend und geschlossen, und aus der Nähe wird es gar zur Festung. Ein Klinkersockel signalisiert: Hier kommst du nicht rein! Und wer es nicht glaubt, macht spätestens vor dem unglaublich abweisenden Haupteingang rechts Umkehrt – und wandelt zurück in bessere Teile der Hafencity.

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