Der neue Gebäudeteil ist Schleuse, Verbindung und Adresse zugleich. Fotos: Werner Huthmacher

Fin de Chantier: Heitere Diplomatie

Einen «Vielarm» nennt Rolf Mühlethaler seinen Neubau für das Fortbildungszentrum des Auswärtigen Amts. Es ist ein Baustein im Komplex der deutschen Diplomatie, der im Zentrum Berlins einen ganzen Block besetzt.

Einen «Vielarm» nennt Rolf Mühlethaler seinen Neubau für das Fortbildungszentrum des Auswärtigen Amts. Es ist ein kleiner, jedoch wichtiger Baustein im Komplex der deutschen Diplomatie, der im Zentrum Berlins einen ganzen Block besetzt. Dieser beginnt am Werderschen Markt mit dem Neubau von Müller Reimann Architekten, setzt sich über das von Hans Kollhoff umgebaute Reichsbankgebäude nach Südosten fort und umfasst dort zwei ehemalige Kontorhäuser am Spreekanal, die ebenfalls Mühlethaler saniert und für Seminare hergerichtet hat.
Eine eigenständige Sprache und unaufdringliche Wiedererkennbarkeit hatte im Jahr 2007 die Jury seinem Wettbewerbsvorschlag bescheinigt. Seit Ende März sind diese Eigenschaften nun fast ohne Abweichungen zum Entwurf erlebbar. Hinter hellem Travertino Romano Classico verbirgt der Architekt das verwinkelte System der Sicherheitsschleusen und eine Brücke, die die Kontorhäuser über die stillgelegte Strasse hinweg mit dem Komplex verbindet. Von dort und durch den Eingang an der Oberwasserstrasse werden die rund 4000 Mitarbeiter und internationalen Diplomaten kommen, die hier jährlich fortgebildet werden sollen. Im gekonnten Wechsel von Enge und Weite, von Hell und Dunkel führt Mühlethaler sie zu den Seminarräumen im Altbau. Auf einen weiss getünchten, unerwartet hohen Windfang mit Sichtverbindung zur Unterseite der Brücke folgt ein niedriger, mit Nussbaum verkleideter Empfangsraum. Während sich das Licht erst durch Wandschlitze zwängt, fällt es hinter der Schleuse durch eine raumhohe Scheibe ein und lenkt den Blick auf die Glyzinien in einem der drei Höfe. Der Boden ist mit Travertin belegt, setzt sich mit gleichem Fugenbild aussen fort und markiert den Eingang wie eine ausgestreckte Hand.
Die Sanierung der beiden denkmalgeschützten Altbauten von 1911 barg die grösste Herausforderung. Der wider Erwarten schlechte Zustand der Geschossdecken und des Fundaments hatte den Bau um mehrere Monate verzögert und rund drei Millionen Euro Mehrkosten verursacht. Mit einem neuen Treppenhaus hat Mühlethaler die komplexe Geometrie der beiden Häuser an zentraler Stelle vereint. Er hat die Raumhöhen gegen klimatechnische Einbauten verteidigt und auch sonst viel Vorgefundenes belassen.

FORTBILDUNGSZENTRUM DES AUSWÄRTIGEN AMTS, 2012


Werderscher Markt 1, Berlin (D)
– Bauherrschaft: Bundesrepublik Deutschland
– Architektur: Rolf Mühlethaler, Bern
– Landschaftsarchitektur: w + s Landschaftsarchitekten, Solothurn
– Projektsteuerung: Bureau Veritas construction Services, Berlin
– Tragwerksplanung: Wetzel & von Seht, Berlin
– Bauleitung: Backmann Schieber Kohler, Berlin
– Auftragsart: Wettbewerb, 2007

close

Kommentare

Kommentar schreiben