An der Strassenseite ahnt man nichts vom Hof. Fotos: Kasan Mantel

Fin de chantier: Gross-WG mit Angelpunkt

Üblicherweise sind Altlasten ein kostentreibender Faktor. Bei der Sanierung des Studentenwohnheims erwiesen sie sich als attraktive Entwurfsvorgabe.

Manchmal werden Altlasten zum Glücksfall. Was üblicherweise ein kostentreibender Faktor ist, erwies sich bei der Sanierung des belasteten Baugrundes des Studentenwohnheims als attraktive Entwurfsvorgabe. Denkwerk Architekten umschlossen die Grube des ausgehobenen Erdreichs mit einem dreiseitig angeordneten Baukörper und beliessen in deren Mitte einen tief gelegten Hof, der sich zum Wohnquartier hin öffnet. Vom Haupteingang des Wohnheims, wo die 105 Namensschilder der Briefkastenanlage auf die dichte Belegung des Gebäudes hinweisen, gelangt man in einen dreigeschossigen Zimmertrakt. Durch einen Mittelgang erschlossen, reihen sich hier zellenartige, spartanisch möblierte Arbeits- und Schlafräume aneinander. Den Studenten stehen rund 13 private Quadratmeter zur Verfügung, wobei sich jeweils zwei Zellen eine Badeinheit teilen.

Als sozialer und architektonischer Angelpunkt funktioniert der längs der stark befahrenen Briggerstrasse angelegte Küchentrakt. Hier finden Zufallsgemeinschaften gut ausgestattete Koch-und Essgelegenheiten vor. Und hier nehmen die Lieben und Leiden einer Gross-WG ihren unausweichlichen Lauf. Zum Beispiel hinab an die Bar, hoch auf die Dachterrasse oder zurück in die intimeren Bereiche der persönlichen Räume.

Im Untergeschoss des zweiten Zimmerflügels verdeutlicht sich der öffentlich-private Charakter des Bauwerks. Ebenerdig zum Innenhof liegt ein Saal, der unterschiedlichen Nutzern Raum bietet. So belegt beispielsweise die benachbarte Schule die Infrastruktur zum Singen und Theater spielen, eine Pfarrei hält Veranstaltungen ab und wahrscheinlich wird auch das eine oder andere Semesterende gefeiert. Der bunte Nutzungsmix trägt in unverkrampfter Weise dazu bei, eine Tür zum Quartier zu öffnen.

Die Materialisierung und Ausstattung des Studentenwohnheims wurde zweckmässig und kostengünstig konzipiert. Ohne auf wünschenswerte Infrastruktur oder ansprechende Detaillierungen zu verzichten, bietet die Institution den beteiligten Akteuren mehrfachen und handfesten Mehrwert: den Studenten günstigen Wohnraum, dem Investor eine Rendite und der Stadt Winterthur einen weiteren Baustein zur Überwindung einer Altlast auf dem Weg von der Industriestadt zum Bildungszentrum.

Studentenwohnen, 2010

Untere Briggerstrasse 31, Winterthur

– Bauherrschaft: Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt, Zürich

– Architektur: Denkwerk Architekten, Winterthur

– Realisierung: BW Generalbau, Winterthur

– Kosten (BKP 1 – 9): CHF 11,08 Mio.

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