Ähnlich, aber nicht identisch stehen die beiden Neubauten an der Strasse. Fotos: Thomas Andenmatten

Fin de chantier: Geschwister am Strassenrand

Um der Körnung des Ortes gerecht zu werden, teilten die Architekten das Bauvolumen in zwei Häuser auf. Wie Geschwister stehen die beiden Gebäude nebeneinander.

Das Goms ist anders als das untere Walliser Haupttal: Die Rhone heisst hier Rotten und die Dörfer haben ihren ursprünglichen Charakter weitgehend bewahrt. Alte Häuser prägen die Dorfkerne und die andernorts im Kanton bau- und tourismusfreudigen Sechziger- und Siebzigerjahre haben nur wenige Spuren hinterlassen — darunter einige architektonische Perlen. Das Raumprogramm für den Neubau der Raiffeisenbank Obergoms hätte diesen Massstab sprengen können: Neben der Schalterhalle, den Büros und Sitzungszimmern der Bank sollten auch zwei Wohnungen erstellt werden.

Um der Körnung des Ortes gerecht zu werden, teilten die Architekten das Bauvolumen in zwei Häuser auf; gemeinsam ist ihnen das Sockelgeschoss. Wie Geschwister stehen die beiden Gebäude nebeneinander. Das Bankgebäude ist etwas grösser, steht direkt auf dem Boden und ist näher an die Strasse gerückt. Konstruiert ist es aus verputztem Zweischalenmauerwerk. Das kleinere Wohnhaus hingegen ist ein Holzbau, der auf dem gemauerten Sockel sitzt und von der Strasse abgerückt ist. Gemeinsam sind beiden Teilen das Satteldach, die mit Fenstern perforierte Fassade und die eingeschnittenen Loggien. Fast identisch ist, trotz unterschiedlichem Material, auch die Farbe: ein graubrauner Ton, der sich an den Farbton der Offiziersmesse auf der anderen Seite der Hauptstrasse anlehnt.

Im Innern überrascht das Bankgebäude mit seiner Grosszügigkeit und der räumlichen Vielfalt. Hinter der 24-Stunden-Zone empfängt eine doppelgeschossige Halle die Bankkunden. Dieser Raum ist zwar nicht gross, gibt dem Gebäude jedoch den Atem, wie wir ihn von Bankgebäuden in Städten kennen. Ein Fenster bringt direktes Licht, weitere blicken aus den angrenzenden Räumen in die Halle und sorgen für Durchblick und indirektes Licht — etwa aus dem Büro des Bankleiters oder dem Pausenraum. Neben der Halle liegen im Sockelgeschoss Besprechungszimmer für die Bankkunden und — schon unter dem Wohnhaus — das grosse Sitzungszimmer. Im Gegensatz zu den weiss und grau gehaltenen öffentlichen Bereichen herrscht in diesen Zonen mit Holzboden und hölzernen Leuchten eine wohnlichere Atmosphäre. Sie erinnert an die Stuben, in denen die Banken im Tal früher ihre Geschäfte abwickelten.

Raiffeisenbank Obergoms, 2010

Furkastrasse 15, Reckingen VS

– Bauherrschaft: Raiffeisenbank Obergoms, Reckingen

– Architektur: Bürcher Albrecht Architekten, Brig

– Auftragsart: eingeladener Wettbewerb

– Gebäudekosten (BKP 2): CHF 4,2 Mio.

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