Die Knicke in den Bauten gliedern das Areal in Aufenthalts- und Durchgangsräume. Fotos: Roman Keller

Fin de Chantier: Fast ein kleines Quartier

Subventioniertes Wohnen für Familien mit Seeblick? Die Stadt Zug hat auf einem der letzten prächtigen Grundstücke, der Frauensteinmatt, günstige Mietwohnungen statt Steuersubstrat versprechende Eigentumswohnungen realisiert.

Subventioniertes Wohnen für Familien mit Seeblick? Die Stadt Zug plante auf einem der letzten prächtigen Grundstücke, der Frauensteinmatt, günstige Mietwohnungen statt Steuersubstrat versprechende Eigentumswohnungen. Das kam nicht bei allen Parteien gut an. Dafür endet ein Spaziergang heute nicht vor Toren und Hecken, sondern man flaniert durch ein öffentliches Areal mit lebhafter Nutzungsmischung, fast schon durch ein kleines Quartier: Im kleinen Haus wohnen betagte Priester, in den beiden grossen sind ein Alters- und Pflegeheim mit Restaurant sowie die Familienwohnungen samt Kinderkrippe untergebracht. Auf dem Situationsplan mögen die vielen Knicke in den Grundrissen modisch wirken — zur Zeit des Wettbewerbs, 2005, sah man es eben oft so. Aber gebaut überzeugen Städtebau und Volumetrie: Die Knicke gliedern das Areal in Aufenthalts- und in Zwischenräume, brechen die langen Bauten in Segmente ortsverträglicher Grösse auf und lassen die Häuser für die betrachtende Spaziergängerin immer wieder eine andere Gestalt annehmen.
Die einheitlichen Fassaden aus vorfabrizierten, hellen Betonbrüstungen und Holz-Metall-Fenstern in schimmerndem Braun binden die Häuser zum Ensemble zusammen und verströmen schon nach aussen eine gediegene Wohnlichkeit. Beim Altersheim wurden jedoch die Loggien eingespart, was die langen Fassaden monoton werden und ins «Spitalhafte» kippen lässt. Die Landschaftsarchitektur bietet verschieden bepflanzte Flächen, gartenartige Bereiche und Strauchreihen an und differenziert das Grundstück so in einzelne Orte und Stimmungen. Empfindlich gestört wird die einladende Offenheit des Areals allerdings durch den grobschlächtigen Holzzaun, mit dem die Kinderkrippe den Spielbereich nachträglich abgegrenzt hat.
Nach innen sind die Knicke in den Grundrissen meist geschickt durch Loggien aufgefangen und im Wohnhaus für die Priester für unkonventionelle, aber harmonische Raumzuschnitte genutzt. Hier entfaltet sich die gediegene Wohnlichkeit vollends: Der Ausbau ist mit Steinböden und viel Holz hochwertig, und es verzücken Einfälle wie raumhaltige Brüstungen, deren Schiebefronten sich an kleinen Lederschlaufen aufziehen lassen.

FRAUENSTEINMATT, 2011

Frauensteinmatt 1, Zug

– Bauherrschaft: Stadt Zug und Stiftung Priesterheim zum Frauenstein, Zug
– Architektur: Michael Meier und Marius Hug Architekten, Zürich, in Zusammenarbeit mit Othmar Brügger Architekten, Davos
– Landschaftsarchitektur: Schmid Landschaftsarchitekten, Zürich
– Bauingenieure: emch + Berger, Zürich
– Signaletik: biv Grafik, Zürich
– Auftragsart: Projektwettbewerb auf Einladung, 2005
– Anlagekosten: CHF 60 Mio.

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