Ein grosser Dampfer am See: Hotel Frutt Lodge & Spa. Fotos: Franz Rindlisbacher

Fin de Chantier: Ein Haus wie ein Schiff

«Wie ein Ozeandampfer, Wind und Wetter ausgesetzt, besteht das Hotel auf der Melchsee-Frutt gegen die Natur.» So beschreibt es Architekt Thomas Lussi. Der mächtige Bau steht auf einem Hochplateau über dem Melchsee auf 2000 Metern über Meer.

Im Winter gelangt man nur mit der Seilbahn auf die Melchsee-Frutt. Aus den Gondeln erspäht man Ausschnitte des Hotels, seine volle Grösse erfasst man jedoch erst, wenn man davorsteht. Wirkt die Anlage aus der Distanz klotzig, erkennt man beim Näherkommen erste Feinheiten. So weist die Oberfläche eines Teils der Betonelemente die Struktur von Eiskristallen auf. Verfangen sich Schneeflocken darin, glitzert das gesamte Bauwerk.
Die «Frutt Lodge & Spa» entstand als Ersatz für das 2004 abgebrannte Kurhaus. 58 Hotelzimmer und 3 Suiten umfasst der Neubau sowie 16 Apartments, deren Verkauf einen Teil der Kosten deckt. Die Architekten liessen sich bei der Volumetrie von Hotelbauten der Jahrhundertwende inspirieren und entwarfen einen klaren, kubisch gegliederten Baukörper. Das alte Kurhaus war aus Holz, nun setzt man auf den widerstandsfähigeren Beton. Auf einen gestalteten Aussenraum verzichten die Architekten bewusst — der Eingriff in die Natur beschränkt sich auf das Gebäude.
Passend zum mineralischen, kantigen Äusseren herrscht auch im Innern eine gewisse Gesetztheit, verströmt durch massive Materialien und ausladende Möbel. Immer wieder sind Holzpaneele als Raumteiler und Schattenspender eingesetzt. Ihr Lochmuster erinnert an alte Heuställe und wirft verspielte Lichtpunkte in die Räume. Mit dem astigen Massivholz, den zurückhaltenden Farben und den grossen Bronzegussleuchten wirkt der Chaletcharme aber dennoch modern statt kitschig. Der Putz in den Hotelzimmern wurde von Hand abgerieben und verleiht den Räumen einen rustikalen Ausdruck. Die Farbe der Decke unterscheidet sich um Nuancen von den Wänden, was den Raum weitet. Einzig der Lichtschacht am Ende der Hotelgänge wirkt nicht durchdacht: Statt in eine belebte Halle erhascht man lediglich einen Blick in den Nebeneingang.
Zum Hotel gehören zwei Restaurants, eine Bar und ein Wellnessbereich, die mit grösseren Öffnungen auch in der Fassade ein Gewicht erhalten. Durch die kubische Gliederung des Volumens entsteht auf der dem See zugewandten Seite eine grosszügige, windgeschützte Terrasse. Steht man am Geländer, fühlt man sich wie an der Reling eines Dampfers. 

Hotel Frutt Lodge & Spa, 2011

Melchsee-Frutt, Kerns OW
> Bauherrschaft: Frutt Lodge AG, Sarnen
> Architektur: ARGE Lussi + Halter Partner, Luzern, und Architekturwerk, Sarnen
> Innenarchitektur: Matthias Buser, Zürich
> Projektleitung: Siegwart Baumanagement, Buochs
> Bauleitung: Thomas Spitzmüller, Giswil
> Kosten (BKP 0–9): CHF 48 Mio.

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