Wie wenn er schon immer dagestanden hätte: Der Neubau an der Zürcher Seefeldstrasse fügt sich in seine Umgebung ein. Fotos: Roger Frei

Fin de chantier: Die runde Ecke

Die Seefeldisierung ist in aller Munde. Alte Bauten werden durch neue ersetzt, eingesessene Bewohner weichen Neuzuzügern. Bei allen negativen Folgen bietet der Wandel auch eine Chance, das Quartier weiterzubauen und architektonisch aufzuwerten.

Der Neubau von Adrian Streich Architekten ersetzt ein Wohnhaus von 1910. Er macht aber weder den Sprung zu Eigentumswohnungen, noch sticht er als Luxusbau hervor.

Das Haus gliedert sich ins Strassenbild ein und orientiert sich an seinen Nachbarn. «Wir suchten nicht die individuelle Handschrift, sondern verstanden uns eher als Baumeister», erklärt Streich. Gefragt war nicht Eigenwilligkeit, sondern Einordnung, analoges Weiterbauen. «Quartier und Gesetz geben vor, wie zu bauen ist», so der Architekt. Streich sammelte Elemente aus der Nachbarschaft und verfremdete sie, wenn auch nur subtil. «Als wir die Pläne zeigten, dachten manche, es wäre ein Umbau», lacht er.

Die Quartiererhaltungszone definiert die Grundform des Gebäudes. Aus diesem Volumen stossen abgerundete Erker hervor und gliedern den Baukörper. Runde Ecken hat auch das Nachbarhaus Blumenegg. Dass sich aber auch das Glas um die Ecke wölbt, kommt so im Quartier nicht vor, daran erkennt man den Bau als Neubau, aber erst auf den zweiten Blick. Während die Erker in den Raum greifen, zentrieren die Dachaufbauten die Fassaden und halten sie im Lot. Anders als bei den Altbauten sind die Fenster liegend, nicht stehend. So fliessen sie elegant um die runde Ecke. In der Fläche auf der Strassenseite aber verliert die Fassade etwas an Kraft. Die mit Naturstein gerahmten Fenster der Nachbarn münzte Streich zu Betoneinfassungen um. Auch farblich passte er den Bau den umgebenden Häusern an, die sich in der Farbgebung alle zwischen Ocker, Gelb und Beige bewegen. Und wie bei den alten Vorbildern liegen Schieferschindeln und nicht Eternitplatten auf dem Dach.

Die Grundrisse hat Streich ebenfalls nicht neu erfunden. Ein ausgedehnter Flur erschliesst das lang gestreckte Haus und führt vorbei an Zimmern, Bad und Küche zu den Wohnräumen an den Stirnseiten. Alle Bewohner blicken auf den grünen Hinterhof. Die Loggien nehmen die Rundungen der Ecken auf und stülpen sich hinaus zum Grünraum. Strassenseitig verbinden die Erker die Wohnungen mit der Stadt. Steht man am Fenster, schwebt man über der Seefeldstrasse und erspäht sie dank dem runden Glas in ihrer ganzen Länge.

Wohnhaus, 2011

Seefeldstrasse 110, Zürich

– Bauherrschaft: Pensionskasse Alcan, Zürich

– Architektur: Adrian Streich Architekten, Zürich

– Bauleitung: Caretta Weidmann, Zürich

– Wohnungsspiegel: 5 x 2 Zi (61 m²), 5 x 3½ Zi (116 m²), 5 x 4½ Zi (130 m²), 1 Attika (244 m²)

– Baukosten: CHF 10,5 Mio.

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