Der Museumsneubau ist wischen einem Eckturm und dem Brenyhaus eingespannt. Fotos: Dominique Marc Wehrli

Fin de chantier: Architekturchirurgie

Drei Elemente nur: Mauer, Dach und Treppe. Der Neubau des Stadtmuseums von Rapperswil-Jona ist eine Operation an einer Altstadtzeile, die den Architekturchirurgen erfordert.

:mlzd-Architekten haben drei schwierige Aufgaben gelöst. Der Stadtsilhouette von Rapperswil haben sie einen Stiftzahn eingesetzt: die Mauer. Zwischen einem Bürgerhaus und einem Eckturm der Stadtmauer haben sie eine Lücke gefüllt und mit einem gefalteten Blechmantel eingepackt: das Dach. Im Innern haben sie eine Vertikalerschliessung gebaut, die die Geschosshöhen von Bürgerhaus und Turm zusammenbindet: die Treppe. Die bescheidene Aufgabe erforderte architektonischen Tastsinn.
Die Mauer ist das Einfachste. Zwischen einem Eckturm und dem Brenyhaus, einem stattlichen Bürgersitz, steht seit dem 13. Jahrhundert ein Stück Stadtmauer. Im Lauf der Zeit schlug man Fensterlöcher heraus, hinter denen sich ein magerer Verbindungsbau einnistete. Die Stadtmauer blieb, was dahinterstand, wurde abgerissen. Die Mauer sieht nun von aussen aus wie vorher, der Stiftzahn fällt nicht auf. Im Innern, in der Eingangshalle, gibt es zwei Mauern, die alte mit ihren Fenstern und eine davorgesetzte neue, die die alten Löcher kräftig einrahmt. Warum das? Die Originalsubstanz ist heilig, niemand wagt heute, sie anzurühren. Reversibel muss jeder Eingriff sein, ein übervorsichtiges Verfahren.
Vom See her ist ein ortsübliches Satteldach sichtbar, gegen die Gasse aber wird das Dach zur schrägen Faltwand aus unregelmässig gelochten Bronzetafeln; ein Abhang aus Metall, er erinnert an einen Gletscherabbruch. Erst im letzten Augenblick wird er sichtbar, da er aus der Flucht der Altstadtgasse zurückspringt. Doch wer davorsteht, dem wird klar: hier.
Man kommt durch eine knappe Tür wie durchs Nadelöhr hinein und tritt in die hohe Eingangshalle. Eine räumliche Überraschung, denn niemand hätte diesem gedrängten Aussen so viel Innen zugetraut. Man sieht eine nach oben verschwindende Folge von geraden Treppenläufen, die nicht exakt übereinanderliegen. Der neue Zwischenbau sorgt für Orientierung, jeder Raum ist von der neuen Mitte aus erschlossen. Man merkt: Hier geht es um eine Schnittlösung. Zwischen der Mauer und Dachhülle stapelt sich die Raumfolge bis zum Oberlicht im höchsten Giebel. Man geht durch eine architektonische Erfindung: Mit wenig viel erreichen, das ist hier gelungen. 

Stadtmuseum Rapperswil-Jona, 2012

Herrenberg 40, 8640 Rapperswil SG

> Bauherrschaft: Ortsgemeinde und Stadt Rapperswil-Jona

> Architektur: :mlzd, Biel

> Baumanagement: Vollenweider Baurealisationen, Zürich

> Ausstellungsgestaltung: Raumprodukt, Zürich

> Auftragsart: Wettbewerb, 2007

> Kosten, inkl. Ausstellung: CHF 5,8 Mio.

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