Das Aufnahmegebäude des Bahnhof Scuol-Tarasp erhielt seine Farbigkeit zurück und ein neues Dach als Ergänzung. Fotos: Ralph Feiner

Fin de chantier: Altes Haus, neues Dach

In den vergangenen Jahrzehnten hatte die Rhätische Bahn ihr architektonisches Erbe stiefmütterlich behandelt und das Gebäude in Scuol ohne Rücksicht auf den Bestand verändert. Doch an diesem Beispiel sehen wir, wie die RhB die Baukultur wiederentdeckt.

Als die Rhätische Bahn um 1900 ihre Bahnhöfe errichtete, hat sie mancherorts mit der grossen Kelle angerührt, so in Scuol-Tarasp. In den vergangenen Jahrzehnten hatte sie ihr architektonisches Erbe stiefmütterlich behandelt und das Gebäude in Scuol ohne Rücksicht auf den Bestand verändert. Doch an diesem Beispiel sehen wir, wie die RhB die Baukultur wiederentdeckt. Maurusfrei Partner haben den Altbau saniert, ein neues Perrondach gebaut und den Bahnhofplatz umgestaltet. In Zernez ist die RhB mit einem ähnlichen Projekt beschäftigt. Im Bewilligungsverfahren ist auch die Renovation des Bahnhofs in Davos Platz — ein Markstein der Architektur in Graubünden von Rudolf Gaberel. Die Umbauten erfolgen im Zug nötiger Anpassungen an den Gleisanlagen. Damit die Architektur nicht mehr zu kurz kommt, regelt inzwischen ein
internes Handbuch den Umgang mit der Bausubstanz. Erarbeitet hat es die RhB gemeinsam mit der kantonalen Denkmalpflege.

Die Bahn hat ihre Station in Scuol neu organisiert. Im Altbau konzentrierten Maurusfrei die Räume für das «langsame Reisen». Das schlossartige Aufnahmegebäude von 1913 ist entrümpelt und die räumliche Qualität wiederhergestellt. Der Bau von Meinrad Lorenz kann seine Kraft voll entfalten. Der Billettverkauf ist wieder – wie ursprünglich – der zweigeschossigen Schalterhalle zugeordnet. Daneben sind Kiosk und Wartebereich untergebracht, die über neue Türen mit dem Bahnhofplatz verbunden sind. Sitzmöbel, Fronten und Türen sind in lackiertem Eichenholz ausgeführt — wie die historischen Holzteile. Daneben restaurierte der Architekt die Fassade und strich die Fensterläden im ursprünglichen Rot.

Der Schwerpunkt des Bahnhofplatzes liegt neu dort, wo die Autobusse halten. Der Platz ist mit einem schlichten Betondach überdeckt, das an den Altbau anschliesst. Weiter vorn verbindet 
es sich mit dem Perrondach, das den neuen Bahnsteig auf der ganzen Länge überspannt. Die Lücke zwischen den Dachflächen ist mit Glas überdeckt. Wegen der hohen Schneelasten sind die Träger des Oblichts massiv geraten. Unter dem Dach ruhen zwei Holzkuben auf feinen Be
tonsockeln. Sie stehen wie Möbel auf dem Platz und beherbergen die Geräte und Räume für die «schnellen Pendler», die vom Postauto auf den Zug eilen: Getränkeautomat, Toiletten, Warteraum. 
Im Innern sind sie knallbunt — in überraschendem Kontrast zum schlichten Äussern. Sie zeigen: Die Zeit ist nicht stehen geblieben, der Bestand aber nicht vergessen.

Sanierung Bahnhof Scuol-Tarasp, 
neue Perrondächer, 2009

Scuol GR

– Bauherrschaft: Rhätische Bahn (RhB), Chur

– Architektur: Maurusfrei Partner, Chur / Zürich

– Bauingenieur: Placido Perez, Bonaduz

– Kosten: CHF 6,5 Mio.

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